... doch dann, etwa im Regen, nach einem Baby-Aha-Erlebnis, ergreift sie die Initiative, und "kommt mit ihm".
Danach wird ihr gegenseitiges Begehren und ihre Liebe immer stärker und übermütiger. Sie reißen sämtliche Konventionen nieder. (Fotos © VIENNALE 2007)
VIENNALE PASCALE FERRAN ZEIGT MÄNNERN, WIE FRAUEN ZUM HÖHEPUNKT KOMMEN, UND WAS IHNEN SONST NOCH BEIM SEX GEFÄLLT: IN LADY CHATTERLEY
Lady Chatterley von Pascale Ferran bei der Viennale - und wieder einmal wird klar, wie unterschiedlich Frauen und Männer Sex erleben. Nicht nur, dass der Markt an Pornofilmen ausschließlich auf die "Männer"-Erotisierung zugeschnitten ist; auch die Erotik in Spielfilmen deckt in der Regel männliche Bedürfnisse ab. Es scheint ausreichend, dass - ob nun mit oder ohne Vorgeschichte - zwei Körper zusammentreffen und (schnell) zum Zug kommen. Als genügten zwei Leiber beim Liebesaustauch zur Befriedigung beider Partner! - Angeblich ist Sex ja die natürlichste und einfachste Sache der Welt! Immerhin - alle zehn Jahre - kommt dann ein Film auf den Markt, der zeigt, wie das mit der weiblichen Lust tatsächlich funktioniert: So, dass auch "sie" einen Orgasmus hat, nachdem parallel offenbart wird, wenn und wie sie "keinen" hat. Wobei nicht gesagt ist, dass zweiteres ihr nicht auch ein gewisses Maß an Freude bereiten kann; es ist das "andere" am Sex, das der Frau sehr wichtig ist: sich nicht am "eigenen", sondern über den Höhepunkt des Mannes zu freuen, was sich als Gefühl von "vertraulicher Nähe" in ihr breit macht. Das Vertrauen dient dann zur Vorbereitung auf den wiederholten Sex mit diesem Mann. (Was - von der Natur so eingerichtet - wohl die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft erhöhen soll. Und mit der angenehmen Begleiterscheinung, dass sich die Frau mit dem wachsenden Vertrauen fallen lassen kann: was dann auch zum Orgasmus führt.) Deshalb ist die Bindung zum Partner bei Frauen nach dem Sex auch viel stärker als bei Männern...
Porno von und für Frauen
Es verwundert kaum, dass solche Filme stets von weiblichen Regisseuren stammen. Wie jetzt die Französin Pascale Ferran (47) schöpfte 1993 schon die Neuseeländerin Jane Campion (53) in Das Piano aus einer ähnlichen charakterlichen Grundkonstellation der beiden Liebespartner. "Er" ist ein wilder Außenseiter, mit weiblich-musischer Sensibilität gegenüber Natur bzw. Musik. "Sie" ist unglücklich verheiratet mit einem reichen, ungeliebten Patriarchen, mit dem sie entweder nicht schlafen kann oder will. Beide frigide Frauen werden vom gesellschaftlichen No-Name, dem "Einsiedler", zu größter Lust stimuliert. Weil jener Ausnahme-Mann viel bedachter und raffinierter vorgeht, als der anerkannte Egoisten-Zampano an ihrer offiziellen Seite, weil der wilde Romantiker in ihre Lebenswelt eintaucht, ihre ästhetische Fantasie weckt, sie "sogar" teilt. Möglicherweise steckt dahinter aber nur weibliches Wunschdenken, selbst wenn Hoffnung besteht: Denn Lady Chatterley stammt als Ur-Roman von einem Mann! Es ist das skandalöse John Thomas and Lady Jane aus dem Jahr 1927 des Briten D.H. Lawrence.
Von der fragilen Annäherung zum Höhepunkt
Was die Welt daran schockierte, war allerdings die Politik: Dass eine großbürgerliche Frau einen klassenniedrigeren Mann begehren könnte. "Ihre" sexuelle Begierde hat damit wiederum nur am Rande zu tun. Natürlich ist es der starke, männliche Körper, der Lady Chatterley zuerst (sofort sexuell) anzieht. Sie, die den ganzen Tag ihren - aus dem Krieg gelähmt zurückgekommenen - Mann pflegt und deshalb schon fast krank ist, sieht den Wildhüter Parkin während eines Spaziergangs, wie er sich bei seiner Hütte im Wald wäscht. Dorthin gelangte sie wegen dort blühender "Narzissen", wegen der Natur, was sich "naturgemäß" mit der Faszination des Wildhüters deckt. Grüne Bilder, stumme Aufnahmen, kaum Musik, und wenn, dann nur vom Klavier, Naturgeräusche, spröde Dialoge, vermitteln ihrer beider Intuitionsfähigkeit. Rein äußerlich wäre Parkin (Jean-Louis Coulloc´h) sogar unattraktiver als Lady Chatterleys (Marina Hands) Ehemann Clifford (Hippolyte Girardot). Die von ihr ausgehende Annäherung bleibt für den Zuschauer also überraschend spannend, während sie sich sehr verzögert intensiviert: Parkin ist anfangs schroff und ablehnend, da er sich gar nicht traut, sie, die "Vorgesetzte", als Frau wahrzunehmen. Als sie dann aber um "seinen" Hütten-Schlüssel zum "gelegentlichen" Ausruhen bittet - ein eindeutiges Symbol - scheint das Eis langsam zu brechen. Zuerst sieht er unter all dem Gewand ihre bestrumpften Fesseln (wie in Das Piano), dann ihre Anmut, als sie im Garten eine Blume pflanzt, schließlich, dass sie beim Angreifen eines Kückens weint. - Eindrücke ihrer großen Sehnsucht nach Zärtlichkeit, der er nicht länger widerstehen kann. Wobei das Hinauszögern von beiden Seiten, indem er sie nie berührt und sie es des öfteren ein oder zwei Tage lang nicht zur Hütte schafft, letztendlich "ihr" dient, um tatsächlich "kommen" zu "können".
Von der Kunst des Hinauszögerns
Und doch klappt es beim ersten Mal noch nicht ganz: Parkin fragt nur, "wollen Sie?", geht mit ihr in die Hütte, zieht sich die Hose runter und stößt sie, ohne sie anzusehen (geschweige denn, dass der Zuseher einen Milimeter Haut sehen würde). Das Ganze ist eine 1-Minutenaktion, begleitet von Orchestermusik und Naturbildern, wo nur er etwas davon hat, und sagt: "Das mußte ja so kommen." Sie: "Ich glaube auch." Er ist verunsichert, aber so rücksichtsvoll zu bemerken, "ob sie sich erniedrigt fühle", worauf sie ihm versichert, "nein, Sie gefallen mir". Doch besucht sie ihn den nächsten Tag nicht, sondern erst den übernächsten. Wieder läuft das Ganze vollbekleidet zu seiner Befriedigung ab. Und sie "lächelt"... Die nächsten Tage meidet sie die Hütte und besucht im Dorf eine junge Mutter mit Baby. Da scheint bei ihr der Geistesblitz einzuschlagen... Auf dem Rückweg läuft ihr Parkin über den Weg, er weicht ihr beleidigt aus, sie rennt ihm hinter her und treibt es auf und mit ihm an einem Baum. Zeitlupenaufnahme. Endlich schreien beide "laut" ihren Höhepunkt heraus. Parkin freut sich: "Diesmal sind wir gemeinsam gekommen." Und sie bedankt sich bei ihm.
Sex gegen die Welt
Ab nun wird die Liebesbeziehung bei beiden von Mal zu Mal stärker, er kann nachts nicht schlafen, wartet vor ihrem Haus, manchmal schleicht sie sich raus. Bis eines Tages die Kleider fallen und sie endlich in voller Wahrnehmung und Liebkosung ihrer beider Körper ihrem Ehegatten Clifford ein Kind unterjubeln - der ist einverstanden, allerdings unter der Bedingung, dass es von jemandem sein müsse, der ihm "standesgemäß" sei. Und Lady Chatterley findet zu einem Trick, dass er es glauben wird...
Ein ständiges Beisammensein bleibt den Liebenden letztendlich verwehrt - schon weil sich der stolze Parkin niemals von einer Frau aushalten lassen würde. Doch eine letzte Aussprache zeigt, dass sie zusammen kamen und, wenn nötig, immer für einander da sein werden, weil sie sich gegenseitig befrei(t)en: er als sich erniedrigt fühlender Einzelgänger, sie als asexuell-einsames Beiwerk ihres Gatten. Und deshalb ist ihr Sex so großartig: weil er ein beidseitiger Befreiungsschlag gegen die Welt ist. e.o.
Lady Chatterley von Pascale Ferran bei der Viennale - und wieder einmal wird klar, wie unterschiedlich Frauen und Männer Sex erleben. Nicht nur, dass der Markt an Pornofilmen ausschließlich auf die "Männer"-Erotisierung zugeschnitten ist; auch die Erotik in Spielfilmen deckt in der Regel männliche Bedürfnisse ab. Es scheint ausreichend, dass - ob nun mit oder ohne Vorgeschichte - zwei Körper zusammentreffen und (schnell) zum Zug kommen. Als genügten zwei Leiber beim Liebesaustauch zur Befriedigung beider Partner! - Angeblich ist Sex ja die natürlichste und einfachste Sache der Welt! Immerhin - alle zehn Jahre - kommt dann ein Film auf den Markt, der zeigt, wie das mit der weiblichen Lust tatsächlich funktioniert: So, dass auch "sie" einen Orgasmus hat, nachdem parallel offenbart wird, wenn und wie sie "keinen" hat. Wobei nicht gesagt ist, dass zweiteres ihr nicht auch ein gewisses Maß an Freude bereiten kann; es ist das "andere" am Sex, das der Frau sehr wichtig ist: sich nicht am "eigenen", sondern über den Höhepunkt des Mannes zu freuen, was sich als Gefühl von "vertraulicher Nähe" in ihr breit macht. Das Vertrauen dient dann zur Vorbereitung auf den wiederholten Sex mit diesem Mann. (Was - von der Natur so eingerichtet - wohl die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft erhöhen soll. Und mit der angenehmen Begleiterscheinung, dass sich die Frau mit dem wachsenden Vertrauen fallen lassen kann: was dann auch zum Orgasmus führt.) Deshalb ist die Bindung zum Partner bei Frauen nach dem Sex auch viel stärker als bei Männern...
Porno von und für Frauen
Es verwundert kaum, dass solche Filme stets von weiblichen Regisseuren stammen. Wie jetzt die Französin Pascale Ferran (47) schöpfte 1993 schon die Neuseeländerin Jane Campion (53) in Das Piano aus einer ähnlichen charakterlichen Grundkonstellation der beiden Liebespartner. "Er" ist ein wilder Außenseiter, mit weiblich-musischer Sensibilität gegenüber Natur bzw. Musik. "Sie" ist unglücklich verheiratet mit einem reichen, ungeliebten Patriarchen, mit dem sie entweder nicht schlafen kann oder will. Beide frigide Frauen werden vom gesellschaftlichen No-Name, dem "Einsiedler", zu größter Lust stimuliert. Weil jener Ausnahme-Mann viel bedachter und raffinierter vorgeht, als der anerkannte Egoisten-Zampano an ihrer offiziellen Seite, weil der wilde Romantiker in ihre Lebenswelt eintaucht, ihre ästhetische Fantasie weckt, sie "sogar" teilt. Möglicherweise steckt dahinter aber nur weibliches Wunschdenken, selbst wenn Hoffnung besteht: Denn Lady Chatterley stammt als Ur-Roman von einem Mann! Es ist das skandalöse John Thomas and Lady Jane aus dem Jahr 1927 des Briten D.H. Lawrence.
Von der fragilen Annäherung zum Höhepunkt
Was die Welt daran schockierte, war allerdings die Politik: Dass eine großbürgerliche Frau einen klassenniedrigeren Mann begehren könnte. "Ihre" sexuelle Begierde hat damit wiederum nur am Rande zu tun. Natürlich ist es der starke, männliche Körper, der Lady Chatterley zuerst (sofort sexuell) anzieht. Sie, die den ganzen Tag ihren - aus dem Krieg gelähmt zurückgekommenen - Mann pflegt und deshalb schon fast krank ist, sieht den Wildhüter Parkin während eines Spaziergangs, wie er sich bei seiner Hütte im Wald wäscht. Dorthin gelangte sie wegen dort blühender "Narzissen", wegen der Natur, was sich "naturgemäß" mit der Faszination des Wildhüters deckt. Grüne Bilder, stumme Aufnahmen, kaum Musik, und wenn, dann nur vom Klavier, Naturgeräusche, spröde Dialoge, vermitteln ihrer beider Intuitionsfähigkeit. Rein äußerlich wäre Parkin (Jean-Louis Coulloc´h) sogar unattraktiver als Lady Chatterleys (Marina Hands) Ehemann Clifford (Hippolyte Girardot). Die von ihr ausgehende Annäherung bleibt für den Zuschauer also überraschend spannend, während sie sich sehr verzögert intensiviert: Parkin ist anfangs schroff und ablehnend, da er sich gar nicht traut, sie, die "Vorgesetzte", als Frau wahrzunehmen. Als sie dann aber um "seinen" Hütten-Schlüssel zum "gelegentlichen" Ausruhen bittet - ein eindeutiges Symbol - scheint das Eis langsam zu brechen. Zuerst sieht er unter all dem Gewand ihre bestrumpften Fesseln (wie in Das Piano), dann ihre Anmut, als sie im Garten eine Blume pflanzt, schließlich, dass sie beim Angreifen eines Kückens weint. - Eindrücke ihrer großen Sehnsucht nach Zärtlichkeit, der er nicht länger widerstehen kann. Wobei das Hinauszögern von beiden Seiten, indem er sie nie berührt und sie es des öfteren ein oder zwei Tage lang nicht zur Hütte schafft, letztendlich "ihr" dient, um tatsächlich "kommen" zu "können".
Von der Kunst des Hinauszögerns
Und doch klappt es beim ersten Mal noch nicht ganz: Parkin fragt nur, "wollen Sie?", geht mit ihr in die Hütte, zieht sich die Hose runter und stößt sie, ohne sie anzusehen (geschweige denn, dass der Zuseher einen Milimeter Haut sehen würde). Das Ganze ist eine 1-Minutenaktion, begleitet von Orchestermusik und Naturbildern, wo nur er etwas davon hat, und sagt: "Das mußte ja so kommen." Sie: "Ich glaube auch." Er ist verunsichert, aber so rücksichtsvoll zu bemerken, "ob sie sich erniedrigt fühle", worauf sie ihm versichert, "nein, Sie gefallen mir". Doch besucht sie ihn den nächsten Tag nicht, sondern erst den übernächsten. Wieder läuft das Ganze vollbekleidet zu seiner Befriedigung ab. Und sie "lächelt"... Die nächsten Tage meidet sie die Hütte und besucht im Dorf eine junge Mutter mit Baby. Da scheint bei ihr der Geistesblitz einzuschlagen... Auf dem Rückweg läuft ihr Parkin über den Weg, er weicht ihr beleidigt aus, sie rennt ihm hinter her und treibt es auf und mit ihm an einem Baum. Zeitlupenaufnahme. Endlich schreien beide "laut" ihren Höhepunkt heraus. Parkin freut sich: "Diesmal sind wir gemeinsam gekommen." Und sie bedankt sich bei ihm.
Sex gegen die Welt
Ab nun wird die Liebesbeziehung bei beiden von Mal zu Mal stärker, er kann nachts nicht schlafen, wartet vor ihrem Haus, manchmal schleicht sie sich raus. Bis eines Tages die Kleider fallen und sie endlich in voller Wahrnehmung und Liebkosung ihrer beider Körper ihrem Ehegatten Clifford ein Kind unterjubeln - der ist einverstanden, allerdings unter der Bedingung, dass es von jemandem sein müsse, der ihm "standesgemäß" sei. Und Lady Chatterley findet zu einem Trick, dass er es glauben wird...
Ein ständiges Beisammensein bleibt den Liebenden letztendlich verwehrt - schon weil sich der stolze Parkin niemals von einer Frau aushalten lassen würde. Doch eine letzte Aussprache zeigt, dass sie zusammen kamen und, wenn nötig, immer für einander da sein werden, weil sie sich gegenseitig befrei(t)en: er als sich erniedrigt fühlender Einzelgänger, sie als asexuell-einsames Beiwerk ihres Gatten. Und deshalb ist ihr Sex so großartig: weil er ein beidseitiger Befreiungsschlag gegen die Welt ist. e.o.
DAS URTEIL DER FILM ERLEBT IM LETZTEN DRITTEL EINEN RHYTHMISCHEN BRUCH UND WIRD DESHALB ALS ZU LANG EMPFUNDEN. DIE SEXUELLE SPANNUNG IST ALLERDINGS ATEMBERAUBEND: FÜR FRAUEN!
FILM Lady Chatterley * Frankreich 2006 * Von: Pascale Ferran, Roger Bohbot nach dem Roman John Thomas and Lady Jane von D.H. Lawrence * Regie: Pascale Ferran * Kamera: Julien Hirsch * Verleih: Stadtkino Wien * Mit: Marina Hands, Jean-Louis Coulloc´h, Hippolyte Girardot * Auszeichnungen: Césars 2007: u.a. Bester Film, Beste Darstellerin, Beste Kamera * Ort + Zeit: Viennale - Stadtkino: 28.10.: 12h, VIennale - Gartenbaukino: 29.10.2007: 20h, Gartenbaukino (im regulären Betrieb): ab 3.11.2007
FILM Lady Chatterley * Frankreich 2006 * Von: Pascale Ferran, Roger Bohbot nach dem Roman John Thomas and Lady Jane von D.H. Lawrence * Regie: Pascale Ferran * Kamera: Julien Hirsch * Verleih: Stadtkino Wien * Mit: Marina Hands, Jean-Louis Coulloc´h, Hippolyte Girardot * Auszeichnungen: Césars 2007: u.a. Bester Film, Beste Darstellerin, Beste Kamera * Ort + Zeit: Viennale - Stadtkino: 28.10.: 12h, VIennale - Gartenbaukino: 29.10.2007: 20h, Gartenbaukino (im regulären Betrieb): ab 3.11.2007
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