ODEON WIE LUFT UND WASSER IN IHREN AGGREGATZUSTÄNDEN MATERIALFREMD SICHTBAR GEMACHT WERDEN, ZEIGT „PHYSIKLEHRER“ RODRIGO SOBARZO DE LARRAECHEA IN APNEA – ZWEITE TAGEBUCHAUFZEICHNUNG.
Befinde mich im Odeon
kurz vor Beginn des Stücks APNEA von Chilene Rodrigo Sobarzo de Larraechea –
- allein der Name klingt nach Kunst,
oder zumindest nach alter spanischer Handelsfamilie oder gar nach Adel in einem armen Land Südamerikas.
Vielleicht erklärt das den außergewöhnlichen Zugang...
Den Mut zum eigenen Ich und Weg aufgrund einer autonom genossenen, privilegierten Erziehung.
Hat etwas Romantisches, an so etwas zu denken.
Das könnte aber auch eine völlige Fehlinterpretation sein ...
Ich muss etwas länger warten, weil das Vorstück Never Live Twice ein flexibles Ende hat.
Hm. Hoffentlich schaffe ich es dann noch bis 21h ins Burgtheater, wo der kolportierte Geniestreich Desh von Akram Khan stattfinden wird.
Zeit zum Nachdenken:
Sobarzos Wahnsinnsplane, sein wichtigstes Requisit, wird sich im Odeon gut machen. Das sonst dort beheimatete Serapionstheater arbeitet auch mit solchen bewegten, den hohen Raum durchwandernden Riesenlaken.
Sobarzos „Tanztheater“ entpuppt sich allerdings eher als interessante, physikalische Demonstration mit kraftvollem, doch wenig artifiziertem Körpereinsatz. Das vom Künstler beabsichtigte „Anhalten des Atmens unter Wasser“ kommt nur bedingt beim Publikum rüber.
Wie Luft sich allerdings in diversen Materien visualisiert bewegt, ist ungemein spannend zu beobachten. Jenseits von aller Theatralität wird die dröhnende Technokraft von Musik über Boxen sehr laut ansteigend und raumakustisch richtungswechselnd spürbar gemacht, bis sie schließlich im Kampf gegen aufgeschüttete Erde immer kleinlauter und in der Bewegung immer kraftloser werdend begraben ist. Mit einem endgültigen Mischpult-Dreh „erstickt“ sie ganz.
Darauf folgt der Einzug des besagten Riesen-Plastikvorhangs. Durch rhythmische, tempo-ansteigende Klopfbewegung entstehen vor den Zuschaueraugen Meeresrauschen, kreisförmige Wellen, als hätte man gerade einen Stein ins Wasser geworfen, bis man wieder auf die Bewegung des Performers achtet, der inzwischen wie ein verzweifelter Krauler auf der Wasseroberfläche um sein Leben "schwimmt" und mit einem rutschenden Handflächen-Klang seine Atemnot demonstriert. Ein zuvor wahrgenommenes „Feuerflackern“ auf der Plastikfläche geht schließlich in Rauch über, der allerdings für sich im Raum kreisförmig ausbreitender „Wasserdampf“ steht. Das macht wiederum bewusst, wie ähnlich sich materiell gegensätzlich hervorgerufene Aggregatzustände doch sehen.
Ein Laserstrahl wird letztendlich durch den „Dampf“ aus Rauch gebrochen und nimmt je nach Strahlrichtung kristallförmige Auswüchse an. Was denn nun das gefrorene Eis oder eine Schneeflocke darstellen müsste.
kurz vor Beginn des Stücks APNEA von Chilene Rodrigo Sobarzo de Larraechea –
- allein der Name klingt nach Kunst,
oder zumindest nach alter spanischer Handelsfamilie oder gar nach Adel in einem armen Land Südamerikas.
Vielleicht erklärt das den außergewöhnlichen Zugang...
Den Mut zum eigenen Ich und Weg aufgrund einer autonom genossenen, privilegierten Erziehung.
Hat etwas Romantisches, an so etwas zu denken.
Das könnte aber auch eine völlige Fehlinterpretation sein ...
Ich muss etwas länger warten, weil das Vorstück Never Live Twice ein flexibles Ende hat.
Hm. Hoffentlich schaffe ich es dann noch bis 21h ins Burgtheater, wo der kolportierte Geniestreich Desh von Akram Khan stattfinden wird.
Zeit zum Nachdenken:
Sobarzos Wahnsinnsplane, sein wichtigstes Requisit, wird sich im Odeon gut machen. Das sonst dort beheimatete Serapionstheater arbeitet auch mit solchen bewegten, den hohen Raum durchwandernden Riesenlaken.
Sobarzos „Tanztheater“ entpuppt sich allerdings eher als interessante, physikalische Demonstration mit kraftvollem, doch wenig artifiziertem Körpereinsatz. Das vom Künstler beabsichtigte „Anhalten des Atmens unter Wasser“ kommt nur bedingt beim Publikum rüber.
Wie Luft sich allerdings in diversen Materien visualisiert bewegt, ist ungemein spannend zu beobachten. Jenseits von aller Theatralität wird die dröhnende Technokraft von Musik über Boxen sehr laut ansteigend und raumakustisch richtungswechselnd spürbar gemacht, bis sie schließlich im Kampf gegen aufgeschüttete Erde immer kleinlauter und in der Bewegung immer kraftloser werdend begraben ist. Mit einem endgültigen Mischpult-Dreh „erstickt“ sie ganz.
Darauf folgt der Einzug des besagten Riesen-Plastikvorhangs. Durch rhythmische, tempo-ansteigende Klopfbewegung entstehen vor den Zuschaueraugen Meeresrauschen, kreisförmige Wellen, als hätte man gerade einen Stein ins Wasser geworfen, bis man wieder auf die Bewegung des Performers achtet, der inzwischen wie ein verzweifelter Krauler auf der Wasseroberfläche um sein Leben "schwimmt" und mit einem rutschenden Handflächen-Klang seine Atemnot demonstriert. Ein zuvor wahrgenommenes „Feuerflackern“ auf der Plastikfläche geht schließlich in Rauch über, der allerdings für sich im Raum kreisförmig ausbreitender „Wasserdampf“ steht. Das macht wiederum bewusst, wie ähnlich sich materiell gegensätzlich hervorgerufene Aggregatzustände doch sehen.
Ein Laserstrahl wird letztendlich durch den „Dampf“ aus Rauch gebrochen und nimmt je nach Strahlrichtung kristallförmige Auswüchse an. Was denn nun das gefrorene Eis oder eine Schneeflocke darstellen müsste.
Zwischen all dem Rauch fällt mir ein Zuschauer auf, den ich bei diesem
außergewöhnlichen „Insiderstück“ eigentlich nie vermuten würde, weshalb ich mir
lange nicht sicher bin, ob er es auch ist: Trompeter Bernhard Rabitsch. Ich muss
ihn beim Verlassen des Saals unbedingt ansprechen, um mir sicher zu sein, ob er
es auch war.
Er war.
Jetzt aber schnell ins Burgtheater zu Khan, es beginnt in 15 Minuten.
e.o.
Er war.
Jetzt aber schnell ins Burgtheater zu Khan, es beginnt in 15 Minuten.
e.o.
DAS URTEIL AUFGRUND DES EINZIGARTIGEN ZUGANGS IM BEREICH
TANZTHEATER SPANNEND. EIGENTLICH EINE KLASSISCHE KONTEXTVERSCHIEBUNG DER
ZEITGENÖSSISCHEN BILDENDEN KUNST. HAT ABER MEHR VON EINEM PHYSIKUNTERRICHT ALS
VON EINER THEATRALEN PERFORMANCE, DIE GEFÜHLE TRIFFT.
PERFORMANCE APNEA * Konzept & Performance:
Rodrigo Sobarzo de Larraechea * Ort: Odeon * Zeit: 16., 18.7.2013, 19h30