Die Tänzer strömen als massiver Gefühlswirbel herein, der irgendwann zerbricht, wie die Teller der Frau...
... und wie ihre Liebe zu ihrem Mann (Rafi Sadi).
Da kann man sich vor den Scherben des Pechs nur verbiegen und wundern!
Johan Inger stellt zwischen dem Paar in Walking Mad bildwörtlich eine Wand auf - sie ist zwischen ihnen, dient manchmal einem von ihnen aber auch als Halt, wenn´s hart auf hart geht, etwa ... (Walking Mad-Fotos © Urban Jörén)
Manche Frau setzt ihrem Mann auch einfach Hörner auf; mancher Mann nimmt die Launen seiner Frau andererseits auch mit Humor...
... wenn sie auf der Kippe ihres Partnerschaftsproblems (der Wand) herum balanciert.
GROSSES THEATER LODZ VON EINEM INTERNATIONALEN BALLETT-FESTIVAL, WIE ES IN POLEN DREI WOCHEN LANG LÄUFT, KANN MAN IN WIEN NUR TRÄUMEN. EINE TOP-FORMATION TRAT ETWA MIT SCHWEDENS CULLBERG BALLET AUF: IN MATS EKS ALUMINIUM ZUR MUSIK VON JOHN ADAMS UND JOHAN INGERS WALKING MAD ZU MAURICE RAVEL UND ARVO PÄRT, ZEIGTE ES, WAS INTERNATIONALE TANZKUNST HEISST
In Wien kennt der Tanzfreund zwei Richtungen: jene des Balletts der Wiener Staatsoper und Volksoper - großteils in grausamen modernen oder in vermoderten Klassik-Choreografien und jene des zeitgenössischen Tanzes. Er kennt also tatsächlich keinen wirklich guten Tanz, kann daher auch kein echter Tanzfreund sein. - Es sei denn, er ist in einer Community, die sich gern bewegt und darüber ihre (soziale) Psychotherapie abhält. Dank des Theaters an der Wien kennt man mittlerweile aber wenigstens einen John Neumeier und sein Hamburg Ballett - er allein befriedigt Tanz-Neugierde auf Dauer aber auch nicht.
Das sommerliche ImPulsTanz-Festival andererseits bereichert sein Programm selten durch Klassisch-Modernes Ballett, und wenn, dann nur durch zwei, wenn auch anerkannte Namen: das Ballett der Pariser Oper und NDT. - Die Wiener kennen also tatsächlich so gut wie nichts an gutem Tanz. - Vorwürfen, dass bestimmte internationale Kompagnien nicht eingeladen werden, wird meist mit Argumenten wie "fehlendes Budget" ausgewichen. Tatsächlich liegt es aber auch an eingefahrenen Partnerschaften, an denen aus emotionalen Gründen festgehalten wird, anstatt Neues zu wagen.
Wie dem auch sei: Polen jedenfalls, kann sich als "armes", sich im Wirtschaftsaufbau befindliches Land, ein alljährliches Internationales Ballettfestival leisten. Und Festivaldirektor Stanislaw Dyzbardis beweist in der Programmation viel Sinn für echte, internationale Qualität neben strategischem Kalkül, den eigenen nationalen Querschnitt samt Nachbarschaftspflege zu präsentieren. Mit dem Effekt, dass die Polen - die Tanzenden selbst, die Künstler, die Kritiker und das Publikum - am Ende wissen, wo sie mit ihrem Tanz im internationalen Vergleich stehen. Das nennt man verantwortungsbewußte Kulturentwicklung eines Landes, die sich letztenendes in Sachen Niveau nur positiv steigern kann.
Internationales Ballettfestival - weltweit qualitätsrepresäntativ zusammen gestellt
So präsentiert sich also die eigene Tradition mit dem surrealistisch theatral-narrativen Ballett des Grossen Theaters in Lodz unter Edyta Waslowska, das mit Giorgio Madias klassisch-moderner Cinderella-Uraufführug (Kritik siehe unten) gewitzt und ruhmreich das Festival eröffnete, mit dem russisch-literarischen Ballett des Grossen Theaters in Warschau unter Jolanta Rybarska mit John Crankos klassisch-expressivem Onegin, dem Ballett des Grossen Theaters in Poznan unter Liliana Kowalska mit Antal Fodors klassisch-modernem Proba (The Rehearsal), sowie der Oper Pánstwowa Baltycka aus dem nördlichen Danzig unter Slawomir Gidel mit seiner modernen Edith-Choreografie, und schließlich mit dem Nachbarn: dem Ungarischen Nationalballett unter Gabor Keveházi mit Shakespeares Der Widerspenstigen Zähmung in László Seregis Choreografie.
Und folgende qualitativ herausragende Kompagnien gesellen sich aus dem internationalen Raum hinzu: Aus Asien kommt die Korea Nationalballett Company unter In-ja Park mit einem für das Land typisch perfekt getanzten klassischen Schwanensee, aus Amerika das Complexions Contemporary Ballet unter Dwight Rhoden und Desmond Richardson mit einem ebenso typischen modernen, von Rhoden choreografierten 10-Stücke-Mix zu Musik von Bach, Piazzolla, Gershwin bis Aretha Franklin und Prince (!), und aus Westeuropa das französische Nationalballett von Marseille unter Frédéric Flamand mit einem weniger aufregenden, aber dennoch anerkannten dreiteiligen Klassikprogramm, sowie das expressive, modern-klassische Cullberg Ballet aus Schweden unter Direktor Johan Inger.
Spotlight auf den Auftritt des Cullberg Ballet
Mats Ek ist in der Ballettwelt ein Begriff. Als leitender Choreograf und Sohn der Companygründerin Birgit Cullberg hat er Schwedens Cullberg Ballet bis 1993 zur modernen theatral-expressiven Weltklasse erzogen, woran nun Choreograf Johan Inger seit 2003 als neuer Direktor anknüpft und erweiternd aufbaut. Das zeigte sich auch im Gastspiel, das am dritten Tag mit der Mats-Ek-Choreografie Aluminium aus dem Jahr 2005 begann und mit der Johan-Inger- Choreografie Walking Mad aus dem Jahr 2001 (erstmals von NDT getanzt, zu dem sowohl Ek als auch Inger eine starke Beziehung hat) endete, was wie eine Fortsetzungsinterpretation anmutete, obwohl zweiteres zuerst entstanden ist.
Interessant ist nun, dass Mats Eks Aluminium aber noch abstrakter und tänzerischer als Ingers vergleichsweise theatrales Walking Mad ist, obwohl Ek biografisch mehr Einflüsse vom Theater hat und Inger wiederum vom Tanz. Für beide gilt aber prinzipiell das, wofür das Cullberg Ballet so bekannt ist: die besondere Art von Ausdruckstanz, sprich Gefühle auszudrücken, indem sie in ungewöhnlich radikalen Bewegungen, aber mit technischer Brillanz und Schönheit, gleich einem Wirbel in rasendem Fluss ausgestoßen werden.
Aluminium von Mats Ek
Zum Lachen ist Mats Eks Aluminium nicht. Aber anmutig ist es, wie zeitgenössisch-moderne Musik, deren Noten mit Beinen, Händen, Kopf, Rumpf und Po über Gestik, Haltung, Biegung und Mimik direkt in Fahrten, Schwüngen, Zuckungen und Sprüngen in den Raum geschrieben werden, anstatt zuerst auf das Blatt Papier. Diese Tänzer-Musik erzählt ihre Geschichte daher ganz unmittelbar: Da ist eine Frau, die sich bei den langsam beginnenden, minimalistischen Klängen des amerikanischen Komponisten John Adams gegen etwas wehrt. Ihre verzerrte, sperrige Haltung drückt das offen, aber ohne die Stelle zu verlassen, aus. Neben ihr steht ein Stapel Teller, offenbar das Objekt ihrer Wut, weshalb sie mit Anwachsen der akustischen Raumfülle bei clusterhaft übereinander gespielten, sich wiederholenden Musiksequenzen irgendwann den Stapel aggressiv mit lautem Knall zerschlägt. So wie zu den Tellern verhält sie sich auch gegenüber ihrem Mann, dem sie eine Szene macht, in handfestem Streit zwischen Abwehr und Ringen, in fließend schnell vollzogener Release-Technik, der typischen Wiederholungsmethode im zeitgenössischen Tanz. Und mit dem Wirbel der Musik, strömen in wirbelwindhafter Tutti-Formation weitere Tänzer herbei, um bald schon genauso so zu zerschellen, wie die Teller zuvor. Denn ihre Formation ist zerbrechlich wie es die Gefühle in Partnerschaften sind; nur der Tanz ist es am Ende nicht. Er ist stark, abstrakt und perfekt, in akrobatisch-gezierten, rasanten Bewegungen.
So auch im zweiten Teil des Stücks, wo zwei Männer versetzt, jeder an einem langen Tisch mit Lampe, im leeren Raum sitzen. Der Mann bei der Arbeit, also. Und die Frau dahinter, die stört und die gleichzeitig der Leuchte in seinem Dasein entspricht, so wie jene, die vor ihm steht. Ist die Frau kurz weg, sehnt er sich nach ihr, wie sein zitternder, ruckender Körper klagt. Und wieder strömt ein synchron perfekter Tänzerwirbel herbei, in wildem Crescendo gemäß der Musik sorgt er für Tumult, die Tische prallen durch Stoßkraft in brutalem Ruck aufeinander, sodass der ganze Raum aufstöhnt. Das Signal also, dass die Frau endgültig ausbrechen muss. Sie verabschiedet sich von ihm, mit einer Geste, die kaum bemerkbar, aber deutlich ist. Die anderen Tänzer bleiben noch, als Zeichen für eine mögliche neue Liebe. Es ist Zeit zu gehen. Und doch ist es die Frau, die am Ende im Raum alleine bleibt.
Walking Mad von Johan Inger
Johan Ingers Walking Mad ist zum Lachen. Und das ist zu Maurice Ravels Bolero neu. Zwischen Mann und Frau steht jetzt eine Wand, selbst wenn sie beide meistens auf einer Seite beieinander "streiten". Clownesk und theatral agieren sowohl die Tänzer, als auch die "Wand", die für allerhand Hindernisse zwischen den Beiden einmal vertikal, einmal horizontal, einmal oben, einmal unten steht. Wahrscheinlich sind die spitzen Hüte, die die Männer dann tragen, Metaphern für Hörner, die ihnen ihre Frauen aufsetzen. Denn eine dieser Frauen scheint fremd zu gehen, also lieber mit "anonymen" Herren zusammen zu sein, in Mantel und Hut, wo Untreue Spaß macht, weil man scheinbar niemandem nahe kommen muss und niemanden "verletzt". Ausser eben den Betrogenen. Und das drückt in der Folge das leidenschaftlich-expressive Pas de Deux zur sensiblen Musik Arvo Pärts aus, als letztes Aufbäumen der Liebe des Paars, was jeodch damit endet, dass der Mann über die Wand springt und endgültig das Weite sucht. Auch diese Frau hat also das Spiel zu weit getrieben, sie bleibt allein zurück, mit nichts als (s)einem Mantel in der Hand. e.o./a.c.
In Wien kennt der Tanzfreund zwei Richtungen: jene des Balletts der Wiener Staatsoper und Volksoper - großteils in grausamen modernen oder in vermoderten Klassik-Choreografien und jene des zeitgenössischen Tanzes. Er kennt also tatsächlich keinen wirklich guten Tanz, kann daher auch kein echter Tanzfreund sein. - Es sei denn, er ist in einer Community, die sich gern bewegt und darüber ihre (soziale) Psychotherapie abhält. Dank des Theaters an der Wien kennt man mittlerweile aber wenigstens einen John Neumeier und sein Hamburg Ballett - er allein befriedigt Tanz-Neugierde auf Dauer aber auch nicht.
Das sommerliche ImPulsTanz-Festival andererseits bereichert sein Programm selten durch Klassisch-Modernes Ballett, und wenn, dann nur durch zwei, wenn auch anerkannte Namen: das Ballett der Pariser Oper und NDT. - Die Wiener kennen also tatsächlich so gut wie nichts an gutem Tanz. - Vorwürfen, dass bestimmte internationale Kompagnien nicht eingeladen werden, wird meist mit Argumenten wie "fehlendes Budget" ausgewichen. Tatsächlich liegt es aber auch an eingefahrenen Partnerschaften, an denen aus emotionalen Gründen festgehalten wird, anstatt Neues zu wagen.
Wie dem auch sei: Polen jedenfalls, kann sich als "armes", sich im Wirtschaftsaufbau befindliches Land, ein alljährliches Internationales Ballettfestival leisten. Und Festivaldirektor Stanislaw Dyzbardis beweist in der Programmation viel Sinn für echte, internationale Qualität neben strategischem Kalkül, den eigenen nationalen Querschnitt samt Nachbarschaftspflege zu präsentieren. Mit dem Effekt, dass die Polen - die Tanzenden selbst, die Künstler, die Kritiker und das Publikum - am Ende wissen, wo sie mit ihrem Tanz im internationalen Vergleich stehen. Das nennt man verantwortungsbewußte Kulturentwicklung eines Landes, die sich letztenendes in Sachen Niveau nur positiv steigern kann.
Internationales Ballettfestival - weltweit qualitätsrepresäntativ zusammen gestellt
So präsentiert sich also die eigene Tradition mit dem surrealistisch theatral-narrativen Ballett des Grossen Theaters in Lodz unter Edyta Waslowska, das mit Giorgio Madias klassisch-moderner Cinderella-Uraufführug (Kritik siehe unten) gewitzt und ruhmreich das Festival eröffnete, mit dem russisch-literarischen Ballett des Grossen Theaters in Warschau unter Jolanta Rybarska mit John Crankos klassisch-expressivem Onegin, dem Ballett des Grossen Theaters in Poznan unter Liliana Kowalska mit Antal Fodors klassisch-modernem Proba (The Rehearsal), sowie der Oper Pánstwowa Baltycka aus dem nördlichen Danzig unter Slawomir Gidel mit seiner modernen Edith-Choreografie, und schließlich mit dem Nachbarn: dem Ungarischen Nationalballett unter Gabor Keveházi mit Shakespeares Der Widerspenstigen Zähmung in László Seregis Choreografie.
Und folgende qualitativ herausragende Kompagnien gesellen sich aus dem internationalen Raum hinzu: Aus Asien kommt die Korea Nationalballett Company unter In-ja Park mit einem für das Land typisch perfekt getanzten klassischen Schwanensee, aus Amerika das Complexions Contemporary Ballet unter Dwight Rhoden und Desmond Richardson mit einem ebenso typischen modernen, von Rhoden choreografierten 10-Stücke-Mix zu Musik von Bach, Piazzolla, Gershwin bis Aretha Franklin und Prince (!), und aus Westeuropa das französische Nationalballett von Marseille unter Frédéric Flamand mit einem weniger aufregenden, aber dennoch anerkannten dreiteiligen Klassikprogramm, sowie das expressive, modern-klassische Cullberg Ballet aus Schweden unter Direktor Johan Inger.
Spotlight auf den Auftritt des Cullberg Ballet
Mats Ek ist in der Ballettwelt ein Begriff. Als leitender Choreograf und Sohn der Companygründerin Birgit Cullberg hat er Schwedens Cullberg Ballet bis 1993 zur modernen theatral-expressiven Weltklasse erzogen, woran nun Choreograf Johan Inger seit 2003 als neuer Direktor anknüpft und erweiternd aufbaut. Das zeigte sich auch im Gastspiel, das am dritten Tag mit der Mats-Ek-Choreografie Aluminium aus dem Jahr 2005 begann und mit der Johan-Inger- Choreografie Walking Mad aus dem Jahr 2001 (erstmals von NDT getanzt, zu dem sowohl Ek als auch Inger eine starke Beziehung hat) endete, was wie eine Fortsetzungsinterpretation anmutete, obwohl zweiteres zuerst entstanden ist.
Interessant ist nun, dass Mats Eks Aluminium aber noch abstrakter und tänzerischer als Ingers vergleichsweise theatrales Walking Mad ist, obwohl Ek biografisch mehr Einflüsse vom Theater hat und Inger wiederum vom Tanz. Für beide gilt aber prinzipiell das, wofür das Cullberg Ballet so bekannt ist: die besondere Art von Ausdruckstanz, sprich Gefühle auszudrücken, indem sie in ungewöhnlich radikalen Bewegungen, aber mit technischer Brillanz und Schönheit, gleich einem Wirbel in rasendem Fluss ausgestoßen werden.
Aluminium von Mats Ek
Zum Lachen ist Mats Eks Aluminium nicht. Aber anmutig ist es, wie zeitgenössisch-moderne Musik, deren Noten mit Beinen, Händen, Kopf, Rumpf und Po über Gestik, Haltung, Biegung und Mimik direkt in Fahrten, Schwüngen, Zuckungen und Sprüngen in den Raum geschrieben werden, anstatt zuerst auf das Blatt Papier. Diese Tänzer-Musik erzählt ihre Geschichte daher ganz unmittelbar: Da ist eine Frau, die sich bei den langsam beginnenden, minimalistischen Klängen des amerikanischen Komponisten John Adams gegen etwas wehrt. Ihre verzerrte, sperrige Haltung drückt das offen, aber ohne die Stelle zu verlassen, aus. Neben ihr steht ein Stapel Teller, offenbar das Objekt ihrer Wut, weshalb sie mit Anwachsen der akustischen Raumfülle bei clusterhaft übereinander gespielten, sich wiederholenden Musiksequenzen irgendwann den Stapel aggressiv mit lautem Knall zerschlägt. So wie zu den Tellern verhält sie sich auch gegenüber ihrem Mann, dem sie eine Szene macht, in handfestem Streit zwischen Abwehr und Ringen, in fließend schnell vollzogener Release-Technik, der typischen Wiederholungsmethode im zeitgenössischen Tanz. Und mit dem Wirbel der Musik, strömen in wirbelwindhafter Tutti-Formation weitere Tänzer herbei, um bald schon genauso so zu zerschellen, wie die Teller zuvor. Denn ihre Formation ist zerbrechlich wie es die Gefühle in Partnerschaften sind; nur der Tanz ist es am Ende nicht. Er ist stark, abstrakt und perfekt, in akrobatisch-gezierten, rasanten Bewegungen.
So auch im zweiten Teil des Stücks, wo zwei Männer versetzt, jeder an einem langen Tisch mit Lampe, im leeren Raum sitzen. Der Mann bei der Arbeit, also. Und die Frau dahinter, die stört und die gleichzeitig der Leuchte in seinem Dasein entspricht, so wie jene, die vor ihm steht. Ist die Frau kurz weg, sehnt er sich nach ihr, wie sein zitternder, ruckender Körper klagt. Und wieder strömt ein synchron perfekter Tänzerwirbel herbei, in wildem Crescendo gemäß der Musik sorgt er für Tumult, die Tische prallen durch Stoßkraft in brutalem Ruck aufeinander, sodass der ganze Raum aufstöhnt. Das Signal also, dass die Frau endgültig ausbrechen muss. Sie verabschiedet sich von ihm, mit einer Geste, die kaum bemerkbar, aber deutlich ist. Die anderen Tänzer bleiben noch, als Zeichen für eine mögliche neue Liebe. Es ist Zeit zu gehen. Und doch ist es die Frau, die am Ende im Raum alleine bleibt.
Walking Mad von Johan Inger
Johan Ingers Walking Mad ist zum Lachen. Und das ist zu Maurice Ravels Bolero neu. Zwischen Mann und Frau steht jetzt eine Wand, selbst wenn sie beide meistens auf einer Seite beieinander "streiten". Clownesk und theatral agieren sowohl die Tänzer, als auch die "Wand", die für allerhand Hindernisse zwischen den Beiden einmal vertikal, einmal horizontal, einmal oben, einmal unten steht. Wahrscheinlich sind die spitzen Hüte, die die Männer dann tragen, Metaphern für Hörner, die ihnen ihre Frauen aufsetzen. Denn eine dieser Frauen scheint fremd zu gehen, also lieber mit "anonymen" Herren zusammen zu sein, in Mantel und Hut, wo Untreue Spaß macht, weil man scheinbar niemandem nahe kommen muss und niemanden "verletzt". Ausser eben den Betrogenen. Und das drückt in der Folge das leidenschaftlich-expressive Pas de Deux zur sensiblen Musik Arvo Pärts aus, als letztes Aufbäumen der Liebe des Paars, was jeodch damit endet, dass der Mann über die Wand springt und endgültig das Weite sucht. Auch diese Frau hat also das Spiel zu weit getrieben, sie bleibt allein zurück, mit nichts als (s)einem Mantel in der Hand. e.o./a.c.
DAS URTEIL WIE EXPRESSIV, INNOVATIV, GEFÜHLSINTENSIV UND DAMIT AUSDRUCKSSTARK BALLETT SEIN KANN, ZEIGT DIESE PROFILSTARKE, ABSTRAKTE, ABSOLUT INTERNATIONALE TOP-KOMPAGNIE: DAS CULLBERG BALLET UNTER JOHAN INGER. - DAS IST UNGESCHMINKTE MUSIK AUF MENSCHENBEINEN!
Das Internationale Ballett Festival in Lodz laeuft bis 3.6.2007 * Infos: www.teatr-wielki.lodz.pl
Das Internationale Ballett Festival in Lodz laeuft bis 3.6.2007 * Infos: www.teatr-wielki.lodz.pl