... sind aber etwa auch auf der Bühne alle Frauen gleich? (Vorne: La Ribot) - Mit diesem Wissen könnte man das mit den Rivalitäten und dem Revierabstecken ja endlich mal lassen!
Noch ironisch runder wäre diese Frauen-Selbstsatire, wenn ImPulsTanz auch vallée, das Gemeinschaftswerk von Monnier (links) und dem weiblichen Künstler Katerine (rechts), eingeladen hätte! (Fotos: © Marc Coudrais)
AKADEMIETHEATER - IMPULSTANZ FRAUENSUCHE MIT MATHILDE MONNIER UND LA RIBOT IN "GUSTAVIA", SODASS EINEM DAS LACHEN NICHT VERGEHT
"Was ist das nur für eine sexy Frau. Als Mann müßte man sie verführen ..." - Was ich bereits in La Place du singe über Mathilde Monnier sagte (zur Kritik click bei Labels unten auf Monnier!), kann ich nur wiederholen. Allerdings nur im Moment einer spontanen Reaktion. Denn nach längerem Nachdenken wird es doppelt sinnlich, das Wesen der Homoerotik zu erfassen, von der in der Literatur ständig zu reden ist. Gehen Sozial-, Sexual- und sogar Literaturwissenschaftler in Fällen wie Thomas Mann, William Shakespeare oder Edgar Allan Poe davon aus, dass ein homoerotisch verschlüsselt schreibender Autor in versteckter Wahrheit über die eigene Homosexualität schriebe, so muss ich sagen, nein, das würde in meinem Fall überhaupt nicht stimmen. Denn erstens könnte ich - als Frau - nie mit einer Frau ins Bett gehen (ich bin durch-und-durch Männerkörper-orientiert), und so auch nicht mit einer Mathilde Monnier. Und wäre ich ein Mann, würde ich mit Sicherheit auf einen anderen Typ Frau stehen. Tatsächlich gefällt mir also Mathilde Monnier als Frau, wegen ihres reifen, abgeschlossenen Charakters, wegen ihrer herben, charakteristischen Gesichtszüge, wegen ihrer souveränen, charakterstarken Selbstironie, sodass ich mich von ihr frauen-menschlich und -künstlerisch angezogen fühle. - Ungefähr so sehr, wie mich meine ebenfalls sehr charakterstarke, sehr eigenwillige Mutter anzuziehen vermag, denke ich im instinktiven Gefühlsvergleich in grosser, räumlicher Distanz an sie.
Dank Ellbogen bühne-frei für die beste Künstlerin
Dass es auch durchwegs selbstbestimmten Künstlerinnen so gehen muss, lässt sich von Monniers zweiter Zusammenarbeit mit einer Frau ableiten. Nach Autorin Christine Angot hat sie sich für "gustavia" die spanische Live-Artistin La Ribot zur Partnerin genommen, die von 1997-2004 in London arbeitete und heute in Genf lebt. Nun hat man bei beiden nicht das Gefühl, sie müßten sich noch mit Ellbogen und Eifersucht ihr Terrain abstecken, um sich über ihre Position in der Gesellschaft klar zu werden - sei es als Frau, sei es als Künstlerin; Und dennoch machen sie genau das zu ihrem Thema. Der Titel der weiblichen Künstlerfigur, die sich von einem Männernamen ableitet, sagt bereits viel aus. Und so leid einem selbst schon die Frauendiskriminierung als Thema im Zuge des fortschreitenden Lebens sein mag, so sicher muß man sich darüber sein, dass die Frauendiskriminierung noch immer besteht. Sie wird fürs eigene Leben tatsächlich brisanter, je älter man wird. Also genau dann, wenn die Aufreißphase durch die "Weiblichkeit" schon zuende ist. Weil sich dann erst erweist, ob man als Mensch, und nicht nur als Frau, so viel wert ist, dass man mit den besten "Männern" mithalten kann. Und in der Kunstwelt spielt sich das genau gleich ab, da natürlich auch dort bis zur Lebensmitte die Gesetze der Geschlechterrollen herrschen, wenn auch in abgewandelter oder erweiterter Form. - Nur ist dann noch immer nicht garantiert, dass man als echt gute Künstlerin wirklich Erfolg bekommt!
Selbstironie als Geheimnis zum Sympathiegewinn
Diese zwei vollendeten Künstlerpersönlichkeiten punkten mit dieser Geschichte zunächst mit großem Charme - nämlich durch ein langgezogenes, rhythmisch gesummtes, hoches Heulduett-Intro vor Regentönen, im pantomimischen, der Stummfilmzeit nachempfundenen, schwarz ausgekleideten Raum des Akademietheaters, aus dem nur das blonde Haar Monniers heraus leuchtet, weil die beiden Damen auch sonst ganz schwarz gekleidet sind. Das mutet an, als riefen sie lautlos vorab aus: "Wenn man als reife Frau ankommen will, dann geht es sowieso nur noch mit Humor!" - Ganz so bitter, wie es sich hier lesen mag, ist es nicht.
Voraus geschickt wird außerdem gleich mal eine proklamierte Stutenbissigkeit, sobald zwei gleich bekannte Künstlerinnen als Duo zusammengeschweißt werden: Und Monnier und La Ribot wenden sie für sich sogleich ab, indem sie jene direkt auf der Bühne austragen: denn nach dem Heulen kommt je ein Solo, wo Monnier mitsamt der Frau-in-ihr sterben will, und La Ribot will nur wieder auferstehen, wenn Monnier tot ist. - Das mit dem Revier abstecken ist ja ein lebenslanges Problem, nicht nur unter Künstlerinnen, die sich um einen Bühnenstuhl und ein Mikrofon rangeln, als ginge es um ihr Überleben ...
Die Frau hinter und in der Künstlerin
Und dann, beim Duett, sind wir aber auch schon beim eigentlichen Thema, dem Wesen der Frau, als Frau, die beide unter der Künstlerin ja sind. Da können sie noch so sehr französisch sprechen, das wird von jeder Frau der Welt verstanden. Nachdem Monnier am Kopf immer wieder brutal vom schwarzen Brett La Ribots getroffen wird, das jene scheinbar ohne Absicht wie ein Bauarbeiter vorm Gesicht auf den Schultern durch den Raum trägt, während sie sich unschuldig dreht; und nachdem beide in versetzten, spiegelverkehrten Aktionen - wie die Hose übers Knie zu ziehen, männliche Boden-Fick-Szenen mit Schreien - miteinander ums Bessersein bis zur Erschöpfung wettgeeifert haben, glauben sich die Frau beide Künstlerinnen schließlich auch selbst. Denn den jeweiligen Sonderstatus - wie die gezeigte Nase nach oben - haben sie sich ja heraus gewetzt und geschlagen.
Jetzt kommt es nur noch auf die vor dem Vorhang geschriene Aufzählung der Klischees von Frauenbehauptungen an, wie "Eine sehr hübsche Frau; Eine sehr schöne Frau öffnet das Fenster; Eine Frau hat ein Pferd in ihrem Schoß, Eine Frau säubert ihr Haus mit einem Mob, Eine Frau - ihre Milch geht weg ...", die sich dann aber wieder an die Frau als Künstlerin richten wie "Eine Frau spielt Gitarre, Eine Frau das Schlagzeug auch, Eine Frau lädt Politiker ins Theater, ... Eine Frau hat Angst, Eine Frau weint". - So viele Klischees über Frauen, die sich ständig in anderen und doch gleichen (stylisch-sexy) schwarzen Gewändern präsentieren, stehen ironischerweise doch wieder für die vielschichtigen Chancen für Frauen von heute. Möglicherweise sind sie ja schon so vielschichtig, dass sie sich nur noch fürchten können ...
Schade nur, dass ImPulsTanz dieses Stück nicht gemeinsam mit vallée gezeigt hat, das Monnier mit dem schwul-konnotierten Sänger und Musiker Katerine (PHilippe Katerine) im Februar dieses Jahres auf die Bühne gebracht hat. Es wäre eine kontrastgenaue Gegenüberstellung gewesen, wo Monnier ihre "männlichen" (Gesichts)züge zu Katerines weiblichen Stimmzügen einspielt, indem sie Texte und Musik von Katerines jüngstem Album “Robots apres tout” von ihrer Company umsetzen lässt. e.o.
"Was ist das nur für eine sexy Frau. Als Mann müßte man sie verführen ..." - Was ich bereits in La Place du singe über Mathilde Monnier sagte (zur Kritik click bei Labels unten auf Monnier!), kann ich nur wiederholen. Allerdings nur im Moment einer spontanen Reaktion. Denn nach längerem Nachdenken wird es doppelt sinnlich, das Wesen der Homoerotik zu erfassen, von der in der Literatur ständig zu reden ist. Gehen Sozial-, Sexual- und sogar Literaturwissenschaftler in Fällen wie Thomas Mann, William Shakespeare oder Edgar Allan Poe davon aus, dass ein homoerotisch verschlüsselt schreibender Autor in versteckter Wahrheit über die eigene Homosexualität schriebe, so muss ich sagen, nein, das würde in meinem Fall überhaupt nicht stimmen. Denn erstens könnte ich - als Frau - nie mit einer Frau ins Bett gehen (ich bin durch-und-durch Männerkörper-orientiert), und so auch nicht mit einer Mathilde Monnier. Und wäre ich ein Mann, würde ich mit Sicherheit auf einen anderen Typ Frau stehen. Tatsächlich gefällt mir also Mathilde Monnier als Frau, wegen ihres reifen, abgeschlossenen Charakters, wegen ihrer herben, charakteristischen Gesichtszüge, wegen ihrer souveränen, charakterstarken Selbstironie, sodass ich mich von ihr frauen-menschlich und -künstlerisch angezogen fühle. - Ungefähr so sehr, wie mich meine ebenfalls sehr charakterstarke, sehr eigenwillige Mutter anzuziehen vermag, denke ich im instinktiven Gefühlsvergleich in grosser, räumlicher Distanz an sie.
Dank Ellbogen bühne-frei für die beste Künstlerin
Dass es auch durchwegs selbstbestimmten Künstlerinnen so gehen muss, lässt sich von Monniers zweiter Zusammenarbeit mit einer Frau ableiten. Nach Autorin Christine Angot hat sie sich für "gustavia" die spanische Live-Artistin La Ribot zur Partnerin genommen, die von 1997-2004 in London arbeitete und heute in Genf lebt. Nun hat man bei beiden nicht das Gefühl, sie müßten sich noch mit Ellbogen und Eifersucht ihr Terrain abstecken, um sich über ihre Position in der Gesellschaft klar zu werden - sei es als Frau, sei es als Künstlerin; Und dennoch machen sie genau das zu ihrem Thema. Der Titel der weiblichen Künstlerfigur, die sich von einem Männernamen ableitet, sagt bereits viel aus. Und so leid einem selbst schon die Frauendiskriminierung als Thema im Zuge des fortschreitenden Lebens sein mag, so sicher muß man sich darüber sein, dass die Frauendiskriminierung noch immer besteht. Sie wird fürs eigene Leben tatsächlich brisanter, je älter man wird. Also genau dann, wenn die Aufreißphase durch die "Weiblichkeit" schon zuende ist. Weil sich dann erst erweist, ob man als Mensch, und nicht nur als Frau, so viel wert ist, dass man mit den besten "Männern" mithalten kann. Und in der Kunstwelt spielt sich das genau gleich ab, da natürlich auch dort bis zur Lebensmitte die Gesetze der Geschlechterrollen herrschen, wenn auch in abgewandelter oder erweiterter Form. - Nur ist dann noch immer nicht garantiert, dass man als echt gute Künstlerin wirklich Erfolg bekommt!
Selbstironie als Geheimnis zum Sympathiegewinn
Diese zwei vollendeten Künstlerpersönlichkeiten punkten mit dieser Geschichte zunächst mit großem Charme - nämlich durch ein langgezogenes, rhythmisch gesummtes, hoches Heulduett-Intro vor Regentönen, im pantomimischen, der Stummfilmzeit nachempfundenen, schwarz ausgekleideten Raum des Akademietheaters, aus dem nur das blonde Haar Monniers heraus leuchtet, weil die beiden Damen auch sonst ganz schwarz gekleidet sind. Das mutet an, als riefen sie lautlos vorab aus: "Wenn man als reife Frau ankommen will, dann geht es sowieso nur noch mit Humor!" - Ganz so bitter, wie es sich hier lesen mag, ist es nicht.
Voraus geschickt wird außerdem gleich mal eine proklamierte Stutenbissigkeit, sobald zwei gleich bekannte Künstlerinnen als Duo zusammengeschweißt werden: Und Monnier und La Ribot wenden sie für sich sogleich ab, indem sie jene direkt auf der Bühne austragen: denn nach dem Heulen kommt je ein Solo, wo Monnier mitsamt der Frau-in-ihr sterben will, und La Ribot will nur wieder auferstehen, wenn Monnier tot ist. - Das mit dem Revier abstecken ist ja ein lebenslanges Problem, nicht nur unter Künstlerinnen, die sich um einen Bühnenstuhl und ein Mikrofon rangeln, als ginge es um ihr Überleben ...
Die Frau hinter und in der Künstlerin
Und dann, beim Duett, sind wir aber auch schon beim eigentlichen Thema, dem Wesen der Frau, als Frau, die beide unter der Künstlerin ja sind. Da können sie noch so sehr französisch sprechen, das wird von jeder Frau der Welt verstanden. Nachdem Monnier am Kopf immer wieder brutal vom schwarzen Brett La Ribots getroffen wird, das jene scheinbar ohne Absicht wie ein Bauarbeiter vorm Gesicht auf den Schultern durch den Raum trägt, während sie sich unschuldig dreht; und nachdem beide in versetzten, spiegelverkehrten Aktionen - wie die Hose übers Knie zu ziehen, männliche Boden-Fick-Szenen mit Schreien - miteinander ums Bessersein bis zur Erschöpfung wettgeeifert haben, glauben sich die Frau beide Künstlerinnen schließlich auch selbst. Denn den jeweiligen Sonderstatus - wie die gezeigte Nase nach oben - haben sie sich ja heraus gewetzt und geschlagen.
Jetzt kommt es nur noch auf die vor dem Vorhang geschriene Aufzählung der Klischees von Frauenbehauptungen an, wie "Eine sehr hübsche Frau; Eine sehr schöne Frau öffnet das Fenster; Eine Frau hat ein Pferd in ihrem Schoß, Eine Frau säubert ihr Haus mit einem Mob, Eine Frau - ihre Milch geht weg ...", die sich dann aber wieder an die Frau als Künstlerin richten wie "Eine Frau spielt Gitarre, Eine Frau das Schlagzeug auch, Eine Frau lädt Politiker ins Theater, ... Eine Frau hat Angst, Eine Frau weint". - So viele Klischees über Frauen, die sich ständig in anderen und doch gleichen (stylisch-sexy) schwarzen Gewändern präsentieren, stehen ironischerweise doch wieder für die vielschichtigen Chancen für Frauen von heute. Möglicherweise sind sie ja schon so vielschichtig, dass sie sich nur noch fürchten können ...
Schade nur, dass ImPulsTanz dieses Stück nicht gemeinsam mit vallée gezeigt hat, das Monnier mit dem schwul-konnotierten Sänger und Musiker Katerine (PHilippe Katerine) im Februar dieses Jahres auf die Bühne gebracht hat. Es wäre eine kontrastgenaue Gegenüberstellung gewesen, wo Monnier ihre "männlichen" (Gesichts)züge zu Katerines weiblichen Stimmzügen einspielt, indem sie Texte und Musik von Katerines jüngstem Album “Robots apres tout” von ihrer Company umsetzen lässt. e.o.
DAS URTEIL MATHILDE MONNIER IST SO EINE STARKE PERSÖNLICHKEIT, DASS SELBST KLEINERE STÜCKE SOUVERÄN WIRKEN. DENN DURCH IHRE LITERARISCHE INTELLIGENZ SCHWINGT EXPRESSIVE, HUMORREICH-VERARBEITETE, DIREKTE LEBENSERFAHRUNG.
PERFORMANCE gustavia * Von und mit: Mathilde Monnier & La Ribot * Ort: Akademietheater, im Rahmen von ImPulsTanz Wien * Zeit: 15., 18.7.2008: 21h
PERFORMANCE gustavia * Von und mit: Mathilde Monnier & La Ribot * Ort: Akademietheater, im Rahmen von ImPulsTanz Wien * Zeit: 15., 18.7.2008: 21h