Im Krankenhaus kommt es zur Aussprache zwischen Vater und Sohn Peter (Alexander Strobele), der schon viel "gleichberechtigter" eingestellt ist, aber trotzdem noch genug Probleme hat.
Peters Frau Alice (Therese Affolter) verliebt sich ausgerechnet in den, der ihrer Familie eine Schicksalsprüfung auferlegt: in den, der ihren Sohn überfahren hat. Doch sie kommt zu ihrem Mann zurück. (Fotos © Gabriela Brandenstein)
VOLKSTHEATER MICHAEL SCHOTTENBERG BRINGT MIT SIMON STEPHENS TYPISCH BRITISCHE MODERNE NACH WIEN. SCHÖN, UNTER DER REGIE VON RAMIN GRAY DIE SCHAUSPIELER EINMAL ANDERS ZU SEHEN
Wunderbar, Alexander Strobele einmal anders zu sehen. Meist ist er der zerknirschte Antiheld, der Drückeberger, der hinterfotzige Schleimer, der Opportunist. Diesmal ist er ein liebender Vater, der sich aufrichtig um seine Kinder kümmert. Aber auch in Am Strand der weiten Welt lässt ihn die Aura des Mitläufers, die prinzipielle Angst vor Führungsverantwortung, nicht ganz los. Und da ist er in dem für das Volkstheater a-typisch modernen, englischen Stück des jungen Autors Simon Stephens diesbezüglich nicht der Einzige. Alle Menschen laufen hier in gewisser Weise mit, und zwar mit der Zeit, die ihnen in ihren Generationen jeweils andere Verhaltensweisen und -anpassungen im Paarleben abverlangt.
Genau genommen geht es um drei unterschiedliche Mann-Frau-Beziehungen und ihre Entsprechungen gegenüber Vater, Mutter und Kindern. Und dann ist da auch noch die subtile Nuance von Emanzipation, mit Auswirkungen auf "männlicher bzw. cooler" werdende Frauen und "weiblicher bzw. einfühlsamer" werdende Männer, ohne es abwertend oder homosexuell zu sehen. Ja, Simon Stephens hat große Hoffnung in die Zukunft, indem er meint, mit jeder Generation würden - insbesondere Väter - zu besseren.
Brillante Schauspieler in allzu alltäglichem Sprechspiegel
Tatsächlich ist der brillante Schauspieler Gerd Rigauer als Charlie Holmes noch ein Mann, der seine Frau Ellen (Silvia Fenz) mit handgreiflicher Gewalt unter Druck setzt - allerdings so, dass nie ganz klar wird, ob er sie tatsächlich geschlagen hat - dank der die Schauspieler verhalten führenden Hand von Regisseur Ramin Gray, der für diesen insgesamten Ausdruck auch eine karge Bühne geschaffen hat. Obwohl des Patriarchen Gewalttätigkeit von den Familienmitgliedern also beklagt wird, kommt es - typisch für diese Generation - nie deutlich heraus. Da nun Stephens aber so hoffnungsvoll ist, paßt sich "dieser Vater" am Ende sogar von selbst an die jüngeren Generationen an, indem er, so gut er kann, den Tisch mitdecken wird. - Das ist wohl die einzige Utopie, die sich dieses Stück leistet.
Denn insgesamt bleibt es ein Spiegel der Realität. Wer im Theater Fantasie und Alltagsferne liebt, wird hier spätestens nach der Pause unbefriedigt sein. Obwohl formal witzig gelöst, indem ein Klappenknall einen Szenenausschnitt nach dem anderen einläutet, sodass es sogar Musik- und Filmcharakter bekommt, bleibt es ein allzu naturalistischer Spiegel dessen, was wir alle zuhause vorfinden. Man fragt sich also: Bin ich deshalb ins Theater gegangen, um das vorgeführt zu bekommen, was ich eh schon kenne? Durch die karge Inszenierungsaura und gewöhnlichen Dialoge, die inhaltlich nie zu überraschen vermögen, bleibt es sprachlich etwas oberflächlich Erzähltes, ohne je ein tiefes Innenleben zu entblößen.
Aber die Schauspieler faszinieren. Vor allem die älteren Kaliber, die in letzter Zeit am Volkstheater ein wenig zu kurz kommen: Neben den erwähnten "Vätern" zeigt vor allem Therese Affolter, was eine Charakterschauspielerin ist. Und die Jugend ist auch ziemlich anders: Raphael von Bargen ist als Generation-X-Sohn Alex Holmes kaum wieder zu erkennen, der sich mit der eher erkennbaren Katharina Straßer liiert, als Girl von nebenan, wie man sie schon öfter im Volkstheater bewundern konnte. Susa Meyer hat eine anmutige Ausstrahlung, als außenstehende, mitfühlende Schwangere, die für den Fortlauf der Menschheit steht. a.c.
Wunderbar, Alexander Strobele einmal anders zu sehen. Meist ist er der zerknirschte Antiheld, der Drückeberger, der hinterfotzige Schleimer, der Opportunist. Diesmal ist er ein liebender Vater, der sich aufrichtig um seine Kinder kümmert. Aber auch in Am Strand der weiten Welt lässt ihn die Aura des Mitläufers, die prinzipielle Angst vor Führungsverantwortung, nicht ganz los. Und da ist er in dem für das Volkstheater a-typisch modernen, englischen Stück des jungen Autors Simon Stephens diesbezüglich nicht der Einzige. Alle Menschen laufen hier in gewisser Weise mit, und zwar mit der Zeit, die ihnen in ihren Generationen jeweils andere Verhaltensweisen und -anpassungen im Paarleben abverlangt.
Genau genommen geht es um drei unterschiedliche Mann-Frau-Beziehungen und ihre Entsprechungen gegenüber Vater, Mutter und Kindern. Und dann ist da auch noch die subtile Nuance von Emanzipation, mit Auswirkungen auf "männlicher bzw. cooler" werdende Frauen und "weiblicher bzw. einfühlsamer" werdende Männer, ohne es abwertend oder homosexuell zu sehen. Ja, Simon Stephens hat große Hoffnung in die Zukunft, indem er meint, mit jeder Generation würden - insbesondere Väter - zu besseren.
Brillante Schauspieler in allzu alltäglichem Sprechspiegel
Tatsächlich ist der brillante Schauspieler Gerd Rigauer als Charlie Holmes noch ein Mann, der seine Frau Ellen (Silvia Fenz) mit handgreiflicher Gewalt unter Druck setzt - allerdings so, dass nie ganz klar wird, ob er sie tatsächlich geschlagen hat - dank der die Schauspieler verhalten führenden Hand von Regisseur Ramin Gray, der für diesen insgesamten Ausdruck auch eine karge Bühne geschaffen hat. Obwohl des Patriarchen Gewalttätigkeit von den Familienmitgliedern also beklagt wird, kommt es - typisch für diese Generation - nie deutlich heraus. Da nun Stephens aber so hoffnungsvoll ist, paßt sich "dieser Vater" am Ende sogar von selbst an die jüngeren Generationen an, indem er, so gut er kann, den Tisch mitdecken wird. - Das ist wohl die einzige Utopie, die sich dieses Stück leistet.
Denn insgesamt bleibt es ein Spiegel der Realität. Wer im Theater Fantasie und Alltagsferne liebt, wird hier spätestens nach der Pause unbefriedigt sein. Obwohl formal witzig gelöst, indem ein Klappenknall einen Szenenausschnitt nach dem anderen einläutet, sodass es sogar Musik- und Filmcharakter bekommt, bleibt es ein allzu naturalistischer Spiegel dessen, was wir alle zuhause vorfinden. Man fragt sich also: Bin ich deshalb ins Theater gegangen, um das vorgeführt zu bekommen, was ich eh schon kenne? Durch die karge Inszenierungsaura und gewöhnlichen Dialoge, die inhaltlich nie zu überraschen vermögen, bleibt es sprachlich etwas oberflächlich Erzähltes, ohne je ein tiefes Innenleben zu entblößen.
Aber die Schauspieler faszinieren. Vor allem die älteren Kaliber, die in letzter Zeit am Volkstheater ein wenig zu kurz kommen: Neben den erwähnten "Vätern" zeigt vor allem Therese Affolter, was eine Charakterschauspielerin ist. Und die Jugend ist auch ziemlich anders: Raphael von Bargen ist als Generation-X-Sohn Alex Holmes kaum wieder zu erkennen, der sich mit der eher erkennbaren Katharina Straßer liiert, als Girl von nebenan, wie man sie schon öfter im Volkstheater bewundern konnte. Susa Meyer hat eine anmutige Ausstrahlung, als außenstehende, mitfühlende Schwangere, die für den Fortlauf der Menschheit steht. a.c.
DAS URTEIL WER DEM ALLTAG ENTFLIEHEN WILL, SOLLTE SICH DIESES NATURALISTISCHE STÜCK NICHT ANSEHEN. WER ABER MAL ETWAS "ANDERES" IM (VOLKS)THEATER SEHEN WILL, KANN VORBEISCHAUN: BEI SCHNELLEN SZENENSPRÜNGEN, GUTEN SCHAUSPIELERN.
THEATER Am Strand der weiten Welt * Von: Simon Stephens * Regie und Bühne: Ramin Gray * Mit: Peter Holmes, Alexander Strobele, Therese Affolter, Gerd Rigauer, Silvia Fenz, Raphael von Bargen, Katharina Straßer, Paul Matic, u.a. * Ort: Volkstheater Wien * Zeit: 15., 20.5.: 18., 22.6.2007: 19h30
THEATER Am Strand der weiten Welt * Von: Simon Stephens * Regie und Bühne: Ramin Gray * Mit: Peter Holmes, Alexander Strobele, Therese Affolter, Gerd Rigauer, Silvia Fenz, Raphael von Bargen, Katharina Straßer, Paul Matic, u.a. * Ort: Volkstheater Wien * Zeit: 15., 20.5.: 18., 22.6.2007: 19h30
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