... indem sie ihn gegen seinen Bruder aufbringt und eifersüchtig macht: denn beide sind bald in sie verliebt. Da fällt die geordnete Kastelwelt der Brüder in sich ...
... zusammen, die hinter der verliebten Giacanta (Silvia Tro Santafé) weggeräumt wird. So wird der Blick auf die Liebe für drei Paare frei. (Fotos: © Armin Bardel)
THEATER AN DER WIEN SCHAUSPIELERISCH INTENSIV UND IRONISCH, KONZEPTUELL MINIMALISTISCH UND DICHT, INSZENIERT LAURENT PELLY MOZARTS LA FINTA SEMPLICE ALS LEICHTE SOMMERMUSE
Was aus einer Zwei-Familien-Geschichte machen, aus der einander je ein Bruder Fracasso und eine Schwester Giacinta heiraten wollen, "ihre" älteren, über "sie" bestimmenden Single-Brüder aus Frauen-Aversion aber dagegen sind, sodass "seine" Schwester Rosina die griesgrämigen Brüder umstimmen muss: indem sie die beiden alten Junggesellen - der eine, Don Cassandro, belesen und knurrig, der andere, Don Polidoro, kraftlos naiv - in sie verliebt macht? - Nun, der französische Regisseur und Kostüm-Entwerfer Laurent Pelly zieht die verstrickte und doch handlungsmusterhafte Liebes-Oper La Finta Semplice des zwölfjährigen Komponisten Mozart im Theater an der Wien als fließende Unterhaltung auf. Mit der Offensichtlichkeit, sich am Libretto zu orientieren. Denn der mit dem feinen und temperamentvollen Sprachwitz Carlo Goldonis bespickte Text motiviert zu schauspielerischer Ironie, während die Musik nur stimmige Untermalung bietet. - Die hält Dirigent Fabio Luisi aber mitsamt Wiener Symphonikern und Cembalo exzellent betont in Schwung.
Sommerlaune statt Geniestreich
Es zeigt sich hier alles-in-allem weniger der überraschungsreiche Geniestreich als eine anregende Sommerlaune (die das Opernhaus am Naschmarkt ab heuer durch Mozart-Opern verbreitet), sodass sich manches Liebespaar im Publikum von der Liebe auf der Bühne anstecken lassen wird. Denn dieses Stück ist für die Zuschauer gemacht, als ästhetisch edler und doch leichter Geistesgang. Der fängt mit der Bühnen-Arithmetik von Barbara De Limburg an, deren logische Folge auf einem blass-türkis-austapezierten Raum basiert, dessen Blumendekor für die "natürlich-offene" Liebe der Liebeslustigen steht. Kontrastiert durch den Raum aus schwarz-grauen Linien und Quadern, worin die engstirnigen Brüder mit kleinen Kästen hausen, entsteht das reizvolle Spiel der Gegensätze.
Bis der graue Raum mit dem Eindringen der Liebe(slist) von Schwester Rosina aufbricht: im zweiten Akt liegen sämtliche Möbel verstreut umher, als hätte ein Sturm sein Unwesen getrieben. Und tatsächlich: Rosina, mit ihrer umfwerfenden Selbstironie in Spiel und Gesang - denn Isabel Rey ist gewinnend allürenfrei - dringt in die emotionale Welt der beiden Brüder ein, wie es die rote Farbe ihres Kleides suggeriert, so dass nach Liebesentzündung ihr gegenüber der Eifersuchtswirbel unter ihnen aufkommen muss. Wer kann auch schon einer ausnehmend klugen Rosina widerstehen, die agiert wie sie sagt: "Mit Worten, nicht mit Gefühlen gewinnt man die Herzen."
Klug-überzeichnet motivierte Schauspiel-Sänger
Rosina ist jedoch nicht die einzig überzeugende, weil fast satirisch gestaltete Figur. Und das ist der guten Besetzungshand von Laurent Pelly zuzuschreiben. Er holt aus den Darstellen mehr als nur die erforderlichen Typen heraus, indem er schauspielerisch und körperlich im Detail arbeitet, sie darüberhinaus aber ironisch bzw. überzeichnet interpretiert. Am stärksten motiviert er darin Bruno Pratico als Don Cassandro, dessen südländisch-italienisches Temperament im Stil des widerspenstig-zu-Zähmenden hochkommt, sodass er sich nach der Liebesüberrumpelei etwa den Blutdruck messen muss. In Wort, Geist und in seiner Männlichkeit aus-"gebildet", erhält er konsequenterweise die Hand Rosinas. Pelly lässt ihn insgesamt so führen, dass er sogar die Bühnenillusion zerstören darf, indem er einmal mit Dirigent Luisi einen kurzen Dialog als Darsteller abhält, als hätte er gerade vergessen, in welcher Oper er sich befindet. Auf der Bühne hat jeder andauernd etwas zu tun, so wird weder dem Zuschauer fad, noch sind dramaturgische Zusatzhandlungen nötig. Und damit geht der minimalistische, in-sich geschlossen intensive Umsetzungsansatz auf.
Am Ende ist die Bühne leer, denn die drei Paare haben sich gefunden. Die Liebe sorgt in Pellys Augen wohl für klare Sicht. Die als Fracasso ebenfalls geziert-sensibel verfremdete, überzeichnet-liebestolle "Prinzenfigur", Topi Lehtipuu, bekommt eine puppenhafte Giacanta (Silvia Tro Santafé), und in der Dienerschaft findet sich ebenfalls Eros ein. Und das alles in einer überdurchschnittlichen Gesangsweise, für die das Theater an der Wien mittlerweile bekannt ist. Dr. Wild/e.o.
Was aus einer Zwei-Familien-Geschichte machen, aus der einander je ein Bruder Fracasso und eine Schwester Giacinta heiraten wollen, "ihre" älteren, über "sie" bestimmenden Single-Brüder aus Frauen-Aversion aber dagegen sind, sodass "seine" Schwester Rosina die griesgrämigen Brüder umstimmen muss: indem sie die beiden alten Junggesellen - der eine, Don Cassandro, belesen und knurrig, der andere, Don Polidoro, kraftlos naiv - in sie verliebt macht? - Nun, der französische Regisseur und Kostüm-Entwerfer Laurent Pelly zieht die verstrickte und doch handlungsmusterhafte Liebes-Oper La Finta Semplice des zwölfjährigen Komponisten Mozart im Theater an der Wien als fließende Unterhaltung auf. Mit der Offensichtlichkeit, sich am Libretto zu orientieren. Denn der mit dem feinen und temperamentvollen Sprachwitz Carlo Goldonis bespickte Text motiviert zu schauspielerischer Ironie, während die Musik nur stimmige Untermalung bietet. - Die hält Dirigent Fabio Luisi aber mitsamt Wiener Symphonikern und Cembalo exzellent betont in Schwung.
Sommerlaune statt Geniestreich
Es zeigt sich hier alles-in-allem weniger der überraschungsreiche Geniestreich als eine anregende Sommerlaune (die das Opernhaus am Naschmarkt ab heuer durch Mozart-Opern verbreitet), sodass sich manches Liebespaar im Publikum von der Liebe auf der Bühne anstecken lassen wird. Denn dieses Stück ist für die Zuschauer gemacht, als ästhetisch edler und doch leichter Geistesgang. Der fängt mit der Bühnen-Arithmetik von Barbara De Limburg an, deren logische Folge auf einem blass-türkis-austapezierten Raum basiert, dessen Blumendekor für die "natürlich-offene" Liebe der Liebeslustigen steht. Kontrastiert durch den Raum aus schwarz-grauen Linien und Quadern, worin die engstirnigen Brüder mit kleinen Kästen hausen, entsteht das reizvolle Spiel der Gegensätze.
Bis der graue Raum mit dem Eindringen der Liebe(slist) von Schwester Rosina aufbricht: im zweiten Akt liegen sämtliche Möbel verstreut umher, als hätte ein Sturm sein Unwesen getrieben. Und tatsächlich: Rosina, mit ihrer umfwerfenden Selbstironie in Spiel und Gesang - denn Isabel Rey ist gewinnend allürenfrei - dringt in die emotionale Welt der beiden Brüder ein, wie es die rote Farbe ihres Kleides suggeriert, so dass nach Liebesentzündung ihr gegenüber der Eifersuchtswirbel unter ihnen aufkommen muss. Wer kann auch schon einer ausnehmend klugen Rosina widerstehen, die agiert wie sie sagt: "Mit Worten, nicht mit Gefühlen gewinnt man die Herzen."
Klug-überzeichnet motivierte Schauspiel-Sänger
Rosina ist jedoch nicht die einzig überzeugende, weil fast satirisch gestaltete Figur. Und das ist der guten Besetzungshand von Laurent Pelly zuzuschreiben. Er holt aus den Darstellen mehr als nur die erforderlichen Typen heraus, indem er schauspielerisch und körperlich im Detail arbeitet, sie darüberhinaus aber ironisch bzw. überzeichnet interpretiert. Am stärksten motiviert er darin Bruno Pratico als Don Cassandro, dessen südländisch-italienisches Temperament im Stil des widerspenstig-zu-Zähmenden hochkommt, sodass er sich nach der Liebesüberrumpelei etwa den Blutdruck messen muss. In Wort, Geist und in seiner Männlichkeit aus-"gebildet", erhält er konsequenterweise die Hand Rosinas. Pelly lässt ihn insgesamt so führen, dass er sogar die Bühnenillusion zerstören darf, indem er einmal mit Dirigent Luisi einen kurzen Dialog als Darsteller abhält, als hätte er gerade vergessen, in welcher Oper er sich befindet. Auf der Bühne hat jeder andauernd etwas zu tun, so wird weder dem Zuschauer fad, noch sind dramaturgische Zusatzhandlungen nötig. Und damit geht der minimalistische, in-sich geschlossen intensive Umsetzungsansatz auf.
Am Ende ist die Bühne leer, denn die drei Paare haben sich gefunden. Die Liebe sorgt in Pellys Augen wohl für klare Sicht. Die als Fracasso ebenfalls geziert-sensibel verfremdete, überzeichnet-liebestolle "Prinzenfigur", Topi Lehtipuu, bekommt eine puppenhafte Giacanta (Silvia Tro Santafé), und in der Dienerschaft findet sich ebenfalls Eros ein. Und das alles in einer überdurchschnittlichen Gesangsweise, für die das Theater an der Wien mittlerweile bekannt ist. Dr. Wild/e.o.
DAS URTEIL DICHT UND FLÜSSIG ERZÄHLT, TREFFEND DURCHDACHT UND MIT IRONISCHEN SÄNGER-DARSTELLERN BESETZT. IN BEKANNTEM UND DAHER ÜBERRASCHUNGSLOSEM HANDLUNGSVERLAUF KEIN GENIESTREICH, DAFÜR EINE KLUG GEMACHTE SOMMERUNTERHALTUNG.
NÄCHSTE SOMMER-MOZARTOPER Le Nozze di Figaro * Von: Wolfgang Amadeus Mozart * Regie: Kasper Bech Holten * Dirigat: Graeme Jenkins * Mit: Radio Symphonieorchester Wien, Arnold Schoenberg Chor * Mit: Elizabeth Futral, Adrea Rost, Christopher Maltman, Johan Reuter, u.a. * ort: Theater an der Wien *Zeit: 1., 3., 6., 10., 13., 16., 19.8.2007: 19h
NÄCHSTE SOMMER-MOZARTOPER Le Nozze di Figaro * Von: Wolfgang Amadeus Mozart * Regie: Kasper Bech Holten * Dirigat: Graeme Jenkins * Mit: Radio Symphonieorchester Wien, Arnold Schoenberg Chor * Mit: Elizabeth Futral, Adrea Rost, Christopher Maltman, Johan Reuter, u.a. * ort: Theater an der Wien *Zeit: 1., 3., 6., 10., 13., 16., 19.8.2007: 19h
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