Friday, July 13, 2007

OPERETTE: "WIENER BLUT" IN MORBIDEM BUSENLAND VON MAXIMILLIAN SCHELL

Harald Serafin im Busen-Land: ob an jenem von Noemi Nadelmann ...

... oder im Angesicht jenes von Iva Mihanovic, ...

... die (hier mit Sohnemann Daniel Serafin) ja wirklich einen sehr hübschen hat, und die mit rotem Harr obendrein wieder einmal ganz der Typ vom Vater ist ...

... was ihn dennoch nicht daran hindert, in der Busenlaube ein Bruderschaftsschluckerl mit der Anderen zu trinken.


Doch in Zeiten, wo Napoleon durch Europa reitet ...

... sodass Fürst Metternich alles daran setzen muss, um die Fäden in den Händen zu halten, wonach alle Staatsherren - nach Giorgio Madias Choreografie - wie Marionetten tanzen, ...

... sind wahre Gefühle, für die Frau hinter dem Busen wichtiger als äußere Formalitäten. So geht Balduin Graf Zedlau (Rainer Trost) ...











... zurück zu seiner angetrauten Gabriele (Nadelmann), während Fürst Ypsheim-Gindelbach (Harald Serafin) seine Franziska Cagliari (Mihanovic) bekommt. (Fotos © Lichtstark.com)


SEEBÜHNE MÖRBISCH DER VERSUCH, NICHT AUSSCHLIESSLICH GUTE LAUNE ZU VERBREITEN, SORGT FÜR ZWIESPÄLTIGE GEFÜHLE. IM FERNSEHEN ZUMINDEST. MAXIMILLIAN SCHELL IST ALS REGISSEUR ABER SICHER WENIGER SEICHT ALS IN FERSEHSERIEN ALS SCHAUSPIELER

Sex und Morbidität - paßt das zusammen? Natürlich. Bei Visconti zum Beispiel. Aber bei einer Operette, dazu an einem Ort, wo man jene nur als "Feier der gediegenen Lebensfreude" kennt, sodass man erst mal mit dem Bruch der Erwartung zu kämpfen hat? Und noch dazu, wenn man das alles nur im Fernsehen übertragen sieht? - Weshalb der Kritiker sich nun in sein Gefühl als Privatperson zurück versetzt, als die er etwas ansah, ohne sich vorher allzu sehr mit dem Stoff befaßt zu haben:

Das Fernseherlebnis "Wiener Blut"

Ich bin kein allzu großer Maximillian-Schell-Fan. Bisher. Denn wie der Mann in deutschen Serien eingesetzt wird, ist an Banalität und Seichtheit nicht zu übertreffen. Gut, in den frühen Filmen war er ein außergewöhnlich schöner Mann, der darüber hinaus mit großer Leidenschaft spielte. Für seine Rolle als deutscher Anwalt in Das Urteil von Nürnberg (der brüllt wie die Leute aus Nazi-Tagen) hat er den Oscar bekommen, gut. Geschah zwar hauptsächlich wegen der politischen Aussage, wie immer bei Oscar-Verleihungen, es sei ihm jedoch vergönnt. Dass er nun seit Jahrzehnten von diesem Stempel zehrt, ist nicht ihm anzukreiden, sondern stupiden Journalisten, die ihn darauf reduzieren, sowie Marketingstrategen, die ihn damit als Werbe-Zugpferd benutzen. Aber er wird sich darüber schon bewußt sein, so sind eben die Spielregeln.

Nun macht er in Mörbisch mit Wiener Blut seine erste Operetten-Regie. Und da ist der Schell nicht oberflächlich. Er zeigt Lust am Angekränkelten. Bei einer Geschichte zu Metternich-Zeiten, wo ein Graf Zedlau (singt gut: Rainer Trost) aus Liebe geheiratet hat, seine Frau (Noemi Nadelmann) von ihm aber nichts wissen will, weil er angeblich zu langweilig sei, weshalb er bei diversen Mamsellen, Pepi (Renée Schüttengruber) und Franzi (dem Blickfang mit der anmutigen Haltung: Iva Mihanovic) - anfangs in einem außergewöhnlich schönen, zarten Kleid im Empire-Stil, das ihren Busen hervor quellen lässt -, verspielte Amouren in Wiener Atmosphäre auslebt. Bis alle drei Frauen zugleich auftauchen, womit die Geschichte beginnt. Nach dem obligatorischen Hin und Her, wo auch noch zwei andere Herren aus Kameradschaftstreue um die Frauen buhlen (Harald und Daniel Serafin), um kurzfristig Eifersuchtsgefühle zu mildern, warte ich nun gespannt auf das Ende, wer denn wohl mit wem zusammen kommen wird. Denn das mittendrin ist mir so bekannt und fad, weil ich es schon hundertmal in hundert anderen Oper/etten gesehen habe.

Karge Bühne, subtil-theatrale Tanzszenen

In diesem Handlungsdazwischen, fällt mir aber nun die Kargheit der Bühne auf, wie ich sie von Mörbisch her wirklich nicht kenne. Meistens singt ein Mensch alleine im großräumigen Nichts zu einem Zweiten. Umso wichtiger sind die sporadischen, gezielt eingesetzten Menschenmenge-Auftritte. Das Ballett, das sonst hauptsächlich Schmuck und Beiwerk ist, gewinnt so an inhaltlichem Stellenwert, wenn es nicht überhaupt für die atmosphärisch wichtigen Politik-Konnotationen - die kritische Aussage des Werks - zuständig ist. Choreograf Giorgio Madia - der sowohl die üppige Linie, wie die klar-fragile und die ironisch-zweideutige beherrscht - hat also auch für die Mörbischer Festspiele diesmal in den stärksten Szenen theatral-ironisch gearbeitet. Wie in jener Szene, wo Metternich (Freddy Schwardtmann) vor einer Riesen-Europa-Karte als Marionettenspieler die Staatsherren-Tänzer dirigiert, die in ausgeklügelten, disharmonischen Puppen-Bewegungen ein harmonisch-ironisches Ganzes ergeben. Leider stören die Schnitte von Gesichts-Großaufnahmen diese vollendete Abfolge, sodass sich nur erahnen lässt, wie das in Natura ausschauen muss. Ebenso ist es bei einem Tanz mit Taschenlampen, wo man nicht sehen sollte, dass sich da Menschen bewegen, die Kamera jedoch zu nah dran ist.

Sex in Busenlandschaft

Und dann wäre da noch die Erotik, die bei all den verstreuten Phallus- und Sexsymbolen auf der Bühne fast aufkommen muss: ja, ich muss sagen, was da an Subtilitäten, Körperspiel und Begehren abgeht, ist richtig ansteckend. Harald Serafin kommt auf seine fortgeschrittenen Tage noch einmal auf seine Kosten, sei es auf einem Ringelspiel und in einer Aphrodisiakum-Laube, die sich in einem Friedhofsgrab verbirgt. - So viel zur Morbidität von Maximillian Schell. Für diesen Mut, bekommt er meinen vollen Respekt. Ob er das nun auf die historische Zeit von damals oder auf das österreichische Jetzt bezieht? - Wahrschenlich beides. Denn derzeit ist ja das "Wiener Blut" vieler Leute psychisch krank. Morbidität steckt aber auch im Stück selbst, mit Alexander Grills melancholischem Lied, "Des Glick is a Vogerl, es lässt sich schwer fangen, aber weggflogen is´s glei". Und trotz dieser unruhigen Gedanken, in unentschiedener Haltung, ob es mir nun gefällt oder nicht, weil ich Opern-Theater-Fernsehübertragungen prinzipiell mißtraue - ungefähr da, nachdem Napoleon eingeritten ist, schlafe ich ein. Es scheint sich im zweiten Teil irgendwie alles ausgedehnt zu haben, indem gerade wieder nur zwei Leute um einander r/singen.

Und so wache ich am nächsten Morgen mit der Frage auf: wer hat denn nun wen bekommen? Ich schätze der Verheiratete seine Angetraute, die Pepi den Daniel Serafin und Franzi den Harald Serafin - er hat sich als Intendant wahrscheinlich noch einmal seine derzeitige Traumfrau zugeteilt: die Frau mit dem schönen Busen und dem roten Haar: Iva Mihanovic. Wenigstens einer, der sich seine Träume zu erfüllen weiß ... e.o.


DAS URTEIL ALS FERNSEHÜBERTRAGUNG IST WIENER BLUT NICHT SPANNEND GENUG, ALS DASS MAN NICHT IRGENDWANN EINSCHLÄFT. DA WAR VIEL SEX UND MORBIDES, VIEL LANGATMIGES UND DIE SCHÖNSTE TANZSZENE VERSCHNITTEN. AM BESTEN IN NATURA ANSCHAUEN UND SELBST ÜBERZEUGEN!

OPERETTE Wiener Blut * Von: Johann Strauß * Regie: Maximillian Schell * Dirigat: Rudolf Bibl * Choreografie: Giorgio Madia * Ausstattung: Rolf Langenfass * Mit: Harald Serafin, Fritz Hille, Rainer Trost, Christian Zenker, Sebastian Reinthaller, Noemi Nadelmann, Ursula Pfitzner, Jessica Glatte, Freddy Schwardtmann, Margareta Klobucar, Cornelia Zink, Alexander Grill, Iva Mihanovic, Renée Schüttengruber, Wolfgang Gratschmaier, Daniel Serafin, Helmut Wallner * Ort: Seebühne Mörbisch * Zeit: 12.7. - 26.8. 2007: 20h30-23h30

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