VOLKSTHEATER - IMPULSTANZ KEINE GLÜCKLICHE SISTER- URAUFFÜHRUNG VON VINCENT DUNOYER ALS CHOREOGRAF, WORIN ER UND ANNE TERESA DE KEERSMAEKER EIN DUO AUS SOLOS TANZEN
Anstandsapplaus bei vier Verbeugungen. Viele enttäuschte Gesichter im Publikum. Zwei enttäuschte Gesichter auf der Bühne. Als sie merken, dass diese Sister-Uraufführung nicht angekommen ist. In solchen Momenten zeigt sich, wie unbarmherzig das Showgeschäft ist. Dabei können nicht nur Anne Teresa De Keersmaeker und Vincent Dunoyer etwas für diesen Mißerfolg. Sie wurden Opfer einer übertriebenen und falschen Marketingmaßnahme, mit diesem Stück der eigentliche Höhepunkt des heurigen ImpulsTanz-Festivals zu sein. Man wollte sich mit einer Uraufführung bzw. Weltpremiere schmücken, obwohl von Anfang an klar war, dass es sich hierbei um ein intimes Unterfangen handeln würde, fernab von einem Keersmaeker-Stil und -Status.
Dafür hätte ein kleiner Aufführort wie das Schauspielhaus gepaßt, um von vornherein zu suggerieren, dass es sich eben um kein Grossereignis handelt. Abgesehen davon, dass sich Choreograf Vincent Dunoyer für dieses Stück natürlich ein wenig mehr einfallen lassen hätte können, als nur zuerst inhaltlich unzusammenhängende und damit nichts-sagende Schritte und Posen zu tanzen, auf die dann Keersmaeker im Sinne eines gleichen Tanzmaterials ebenfalls in einem Durchgang individuell zu reagieren hat. Der Zuschauer kann weder mit seinem ersten Teil viel anfangen, noch mit ihrem Zweiten, geschweige denn, dass es eine tänzerische Kommunikation zwischen den beiden geben würde. Dunoyers Aussage im Vorfeld, "ich will nicht wissen, wer Anne Teresa ist", scheint mehr als nur ehrlich gemeint zu sein. - Was allerdings positiv auffällt, ist die Tatsache, dass Vincent Dunoyer an-sich ein außergewöhnlich guter Tänzer ist - da er ja auch Ballett beherrscht und lange Solotänzer bei Keersmaeker war -, und Keersmaeker sich selbstverständlich auch zu bewegen weiss.
Hommage mit komplexem Innenleben ...
Eigentlich geht es um eine ungewöhnliche Hommage auf Keersmaekers Compagnie Rosas, worin Dunoyer die Langzeittänzerin Fumiyo Ikeda bat, alle ihre Posen im Laufe der zwanzigjährigen Geschichte auf Foto festzuhalten. Diese ließ er dann von allen 31 Tänzern von Rosas - also auch von jenen, die nicht mehr dabei sind - interpretieren. Diese faßte er wiederum zu seinem Solo - spärlich angereichert durch vier kurze, zum Teil peinliche Videoausschnitte aus diesem Recherchematerial - zusammen (etwa mit einem molligen, sichtlich lange nicht mehr tanzenden Ex-Mitglied). Der tiefere, bedeutungsvolle Sinn ist, die Compagnie-Chefin von ihrer Führungsrolle auf die andere, die Tänzer-Seite zu holen, sie zu zwingen, sich ihrer TänzerInnen zu erinnern, die "viel geben und wieder verschwinden".
... aber keiner Kommunikation
Keersmaeker posiert diesbezüglich anfangs in Stöckelschuhen und damenhaftem Stiftkleid bewußt überlegen, in nachdrücklich verzögerter und bestimmter Bewegung, von oben herab - und auch ein wenig mit dem Sex einer reifen Frau -, bis sie selbsterkennend und demütig gesteht: "Ich habe vergessen, wie es geht." (Allerdings sagt sie das unehrlich vortäuschend.) Das führt zum einzigen, kurzen Miteinander: indem ihr Dunoyer kleinlaut den nächsten Schritt zeigt. Dann zieht sie irgendwann die Schuhe aus, um zu konstatieren: "Ich kann mich nicht erinnern. Vielleicht kenne ich dich von einem Foto. Du hast dich verändert, ich habe mich verändert. Ich habe die Position geändert." Und dann bekommt sie zu ihrem Tanz hinzu endlich Musik, die sie ja ausmacht, ein deutsches Opernlied mit einem Chor, der singt: "Menschen sind uns geneigt und hold... so sollst du nun auch Ruhe haben. ... Leise schleichen wir uns wieder fort." - Das Lied wenigstens war rührend. e.o.
Anstandsapplaus bei vier Verbeugungen. Viele enttäuschte Gesichter im Publikum. Zwei enttäuschte Gesichter auf der Bühne. Als sie merken, dass diese Sister-Uraufführung nicht angekommen ist. In solchen Momenten zeigt sich, wie unbarmherzig das Showgeschäft ist. Dabei können nicht nur Anne Teresa De Keersmaeker und Vincent Dunoyer etwas für diesen Mißerfolg. Sie wurden Opfer einer übertriebenen und falschen Marketingmaßnahme, mit diesem Stück der eigentliche Höhepunkt des heurigen ImpulsTanz-Festivals zu sein. Man wollte sich mit einer Uraufführung bzw. Weltpremiere schmücken, obwohl von Anfang an klar war, dass es sich hierbei um ein intimes Unterfangen handeln würde, fernab von einem Keersmaeker-Stil und -Status.
Dafür hätte ein kleiner Aufführort wie das Schauspielhaus gepaßt, um von vornherein zu suggerieren, dass es sich eben um kein Grossereignis handelt. Abgesehen davon, dass sich Choreograf Vincent Dunoyer für dieses Stück natürlich ein wenig mehr einfallen lassen hätte können, als nur zuerst inhaltlich unzusammenhängende und damit nichts-sagende Schritte und Posen zu tanzen, auf die dann Keersmaeker im Sinne eines gleichen Tanzmaterials ebenfalls in einem Durchgang individuell zu reagieren hat. Der Zuschauer kann weder mit seinem ersten Teil viel anfangen, noch mit ihrem Zweiten, geschweige denn, dass es eine tänzerische Kommunikation zwischen den beiden geben würde. Dunoyers Aussage im Vorfeld, "ich will nicht wissen, wer Anne Teresa ist", scheint mehr als nur ehrlich gemeint zu sein. - Was allerdings positiv auffällt, ist die Tatsache, dass Vincent Dunoyer an-sich ein außergewöhnlich guter Tänzer ist - da er ja auch Ballett beherrscht und lange Solotänzer bei Keersmaeker war -, und Keersmaeker sich selbstverständlich auch zu bewegen weiss.
Hommage mit komplexem Innenleben ...
Eigentlich geht es um eine ungewöhnliche Hommage auf Keersmaekers Compagnie Rosas, worin Dunoyer die Langzeittänzerin Fumiyo Ikeda bat, alle ihre Posen im Laufe der zwanzigjährigen Geschichte auf Foto festzuhalten. Diese ließ er dann von allen 31 Tänzern von Rosas - also auch von jenen, die nicht mehr dabei sind - interpretieren. Diese faßte er wiederum zu seinem Solo - spärlich angereichert durch vier kurze, zum Teil peinliche Videoausschnitte aus diesem Recherchematerial - zusammen (etwa mit einem molligen, sichtlich lange nicht mehr tanzenden Ex-Mitglied). Der tiefere, bedeutungsvolle Sinn ist, die Compagnie-Chefin von ihrer Führungsrolle auf die andere, die Tänzer-Seite zu holen, sie zu zwingen, sich ihrer TänzerInnen zu erinnern, die "viel geben und wieder verschwinden".
... aber keiner Kommunikation
Keersmaeker posiert diesbezüglich anfangs in Stöckelschuhen und damenhaftem Stiftkleid bewußt überlegen, in nachdrücklich verzögerter und bestimmter Bewegung, von oben herab - und auch ein wenig mit dem Sex einer reifen Frau -, bis sie selbsterkennend und demütig gesteht: "Ich habe vergessen, wie es geht." (Allerdings sagt sie das unehrlich vortäuschend.) Das führt zum einzigen, kurzen Miteinander: indem ihr Dunoyer kleinlaut den nächsten Schritt zeigt. Dann zieht sie irgendwann die Schuhe aus, um zu konstatieren: "Ich kann mich nicht erinnern. Vielleicht kenne ich dich von einem Foto. Du hast dich verändert, ich habe mich verändert. Ich habe die Position geändert." Und dann bekommt sie zu ihrem Tanz hinzu endlich Musik, die sie ja ausmacht, ein deutsches Opernlied mit einem Chor, der singt: "Menschen sind uns geneigt und hold... so sollst du nun auch Ruhe haben. ... Leise schleichen wir uns wieder fort." - Das Lied wenigstens war rührend. e.o.
DAS URTEIL VINCENT DONOYER HAT EINE INTIME HOMMAGE AUF ROSAS GESCHAFFEN: DAFÜR HÄTTE ES AUCH EINEN INTIMEN RAHMEN GEBRAUCHT. DOCH SELBST DA HÄTTE ER AN EINEN AUSTAUSCH ZWISCHEN TÄNZER/IN UND CHOREOGRAF/IN DENKEN MÜSSEN, SOWIE DARAN, DASS ES AUCH EIN PUBLIKUM GIBT, DAS TEILHABEN MÖCHTE.
TANZ Sister * Von: Vincent Dunoyer * Mit: Vincent Dunoyer, Anne Teresa De Keersmaeker * Ort: Volkstheater * Zeit: 16.7.2007: 21h
TANZ Sister * Von: Vincent Dunoyer * Mit: Vincent Dunoyer, Anne Teresa De Keersmaeker * Ort: Volkstheater * Zeit: 16.7.2007: 21h
No comments:
Post a Comment