Zuerst versuchen die zwei Tänzer, in einer gemeinsam praktizierten individuellen Tanzsprache überein zu stimmen ...
... doch jetzt ist es zu spät: in den zufälligen, absichtlosen Momenten, merkt man erst, wie nahe sie sich geworden sind. Da müssen sie sich nicht erst die verharrenden Paradiesvögel in der Steppensonne vormachen, damit sie es wirklich selbst glauben können. (Fotos © Jean-Pierre Stoop)
VOLKSTHEATER - IMPULSTANZ EMIO GRECO / PC WOLLTE EXTRA DRY ALS NOUVELLE VERSION PRÄSENTIEREN. DAS GELANG NICHT, TOLL WAR´S TROTZDEM
Mit Spannung erwarteten seine österreichischen Fans die neue Version von Extra Dry. Jene Produktion, die als dritter Teil der "Martini-Trilogie", Fra Cervello e Movimento: bianco (Solo) - rosso (Solo) - Extra Dry (Duo), zwischen Verstand und Bewegung eine der stärksten Werkkreationen des Duos Emio Greco/PC (= der italienische Tänzer Emio Greco und der niederländische Regisseur Pieter C. Scholten) darstellt. Nicht umsonst brachte es das viel ausgezeichnete Stück schon zweimal, 1999 und 2001, bei ImPulsTanz zur Aufführung. Aus dem Gedanken heraus, die völlige Synchronität zweier Tänzer in Bezug auf die gefundene Bewegungssprache eines Tänzers anzustreben, muss im Verlauf erkannt werden, dass bei allem geistigen Vorhaben, dieses Ziel doch nie zu erreichen ist. - Eine schöne Metapher für das romantische Paarsinnen, das die Menschen seit jeher zur gemeinsam gefundenen, individuellen Liebe drängt. Das künstlerisch Anspruchsvolle an diesem Vorhaben aber ist, dass die Bewegungsparallele der Tänzer trotz eigenwillig sperrig-graziler Tanzsprache Emio Grecos ziemlich übereinstimmt. Und jetzt sollten in dieser Nouvelle Version statt zweier Tänzer drei tanzen ...
Kein Trio, aber Drei in zwei Duos
Erwartet wurde somit ein "synchrones" Trio. Es blieb allerdings beim Duo. Die drei Tänzer splitten sich lediglich auf, indem im ersten Teil Vincent Colomes und Nicola Monaco tanzen, und Emio Greco im Zweiten einen von ihnen ablöst. Für das Publikum bedeutet das keinen großen Unterschied. Unangefochten filigran und berückend schön wie ein gelebtes Gemälde oder unmittelbar getanzte Musik ist aber das Stück selbst. Das Züngeln der Gliedmaßen, das dem Bild der dürstenden Eidechse in der Wüste entnommen ist, die flimmernden Flamingos am Horizont der gleißenden Steppensonne, als die sich die beiden Tänzer auf einem Bein, inmitten des zügig getanzten Werks, im innehaltenden Moment festhalten - das sind die impressionistischen Stillleben als übernatürlich-abstrakte Bilder im Kopf, die den Besucher noch lange nach der Aufführung begleiten.
Wahre Einswerdung in spontanen Momenten
Und dann ist da der gedanklich nachvollziehbare Versuch der Einswerdung: des einen Menschen mit dem anderen dahinter, wo drei tanzende Arme aus einem Körper wachsen, das Ausschreiten des einen, dem der andere folgt, das Abschütteln des einen, weil er den exakten Nachahmer loswerden will. Es ist also geschehen, was anfangs so leidenschaftlich beabsichtigt wurde: man wollte zusammen eins sein, was in doppelter Schrittchoreografie bei Geräusch- und Grillensound eindringlich einzureden versucht wurde, bis es zur Musik von Vivaldis Vierjahreszeiten- "Sommer"(?) als großer, rasend schnell und dynamisch bewegter, synchroner Kick-des-Abends tatsächlich erreicht wird, sodass es dem Zuseher den Atem verschlägt, in artistischer Vollendung. Und dann kommt es interessanter Weise aber noch einmal zum umso spannenderen, subtilen Punkt, wo einer von beiden, nämlich Greco, "allein" sein will, und sein Partner so tut, als lasse er ihn das. Doch ist das nicht mehr möglich. In den zufälligen Bewegungen, scheinbaren Ausrutschern, worin sie sich dann absolut decken, zeigt sich die wahre Verbindung. Denn sie ist in Leib und Seele der Individualiät übergegangen. - Und das ist die insgeheime, wunderbare Erfahrung von höchster Liebe. - Selbst wenn sie nur durch tänzerische Brillanz konstruiert wird; und es erstaunlich ist, wie sich das Paar, ohne sich an einem Takt oder Schrittgefolge festhalten zu können, im plötzlichen Gleichklang zu treffen vermag. Das kann nur auf einem tatsächlich gleich entwickelten, aufeinander eingespielten Instinkt beruhen. - So ist die Romantik der verinnerlichten Übereinstimmung nun also doch wahr geworden. e.o./g.m.
Mit Spannung erwarteten seine österreichischen Fans die neue Version von Extra Dry. Jene Produktion, die als dritter Teil der "Martini-Trilogie", Fra Cervello e Movimento: bianco (Solo) - rosso (Solo) - Extra Dry (Duo), zwischen Verstand und Bewegung eine der stärksten Werkkreationen des Duos Emio Greco/PC (= der italienische Tänzer Emio Greco und der niederländische Regisseur Pieter C. Scholten) darstellt. Nicht umsonst brachte es das viel ausgezeichnete Stück schon zweimal, 1999 und 2001, bei ImPulsTanz zur Aufführung. Aus dem Gedanken heraus, die völlige Synchronität zweier Tänzer in Bezug auf die gefundene Bewegungssprache eines Tänzers anzustreben, muss im Verlauf erkannt werden, dass bei allem geistigen Vorhaben, dieses Ziel doch nie zu erreichen ist. - Eine schöne Metapher für das romantische Paarsinnen, das die Menschen seit jeher zur gemeinsam gefundenen, individuellen Liebe drängt. Das künstlerisch Anspruchsvolle an diesem Vorhaben aber ist, dass die Bewegungsparallele der Tänzer trotz eigenwillig sperrig-graziler Tanzsprache Emio Grecos ziemlich übereinstimmt. Und jetzt sollten in dieser Nouvelle Version statt zweier Tänzer drei tanzen ...
Kein Trio, aber Drei in zwei Duos
Erwartet wurde somit ein "synchrones" Trio. Es blieb allerdings beim Duo. Die drei Tänzer splitten sich lediglich auf, indem im ersten Teil Vincent Colomes und Nicola Monaco tanzen, und Emio Greco im Zweiten einen von ihnen ablöst. Für das Publikum bedeutet das keinen großen Unterschied. Unangefochten filigran und berückend schön wie ein gelebtes Gemälde oder unmittelbar getanzte Musik ist aber das Stück selbst. Das Züngeln der Gliedmaßen, das dem Bild der dürstenden Eidechse in der Wüste entnommen ist, die flimmernden Flamingos am Horizont der gleißenden Steppensonne, als die sich die beiden Tänzer auf einem Bein, inmitten des zügig getanzten Werks, im innehaltenden Moment festhalten - das sind die impressionistischen Stillleben als übernatürlich-abstrakte Bilder im Kopf, die den Besucher noch lange nach der Aufführung begleiten.
Wahre Einswerdung in spontanen Momenten
Und dann ist da der gedanklich nachvollziehbare Versuch der Einswerdung: des einen Menschen mit dem anderen dahinter, wo drei tanzende Arme aus einem Körper wachsen, das Ausschreiten des einen, dem der andere folgt, das Abschütteln des einen, weil er den exakten Nachahmer loswerden will. Es ist also geschehen, was anfangs so leidenschaftlich beabsichtigt wurde: man wollte zusammen eins sein, was in doppelter Schrittchoreografie bei Geräusch- und Grillensound eindringlich einzureden versucht wurde, bis es zur Musik von Vivaldis Vierjahreszeiten- "Sommer"(?) als großer, rasend schnell und dynamisch bewegter, synchroner Kick-des-Abends tatsächlich erreicht wird, sodass es dem Zuseher den Atem verschlägt, in artistischer Vollendung. Und dann kommt es interessanter Weise aber noch einmal zum umso spannenderen, subtilen Punkt, wo einer von beiden, nämlich Greco, "allein" sein will, und sein Partner so tut, als lasse er ihn das. Doch ist das nicht mehr möglich. In den zufälligen Bewegungen, scheinbaren Ausrutschern, worin sie sich dann absolut decken, zeigt sich die wahre Verbindung. Denn sie ist in Leib und Seele der Individualiät übergegangen. - Und das ist die insgeheime, wunderbare Erfahrung von höchster Liebe. - Selbst wenn sie nur durch tänzerische Brillanz konstruiert wird; und es erstaunlich ist, wie sich das Paar, ohne sich an einem Takt oder Schrittgefolge festhalten zu können, im plötzlichen Gleichklang zu treffen vermag. Das kann nur auf einem tatsächlich gleich entwickelten, aufeinander eingespielten Instinkt beruhen. - So ist die Romantik der verinnerlichten Übereinstimmung nun also doch wahr geworden. e.o./g.m.
DAS URTEIL EMIO GRECO SCHAFFT ES ALS EINZIGER ZEITGENÖSSISCHER TÄNZER, SEINE WUNDERBARE TANZSPRACHE WEITERZUGEBEN. WEIL ANDERE SIE TATSÄCHLICH BEHERRSCHEN WOLLEN: EXTRA DRY IST BESTES BEISPIEL DAFÜR, SELBST WENN ES KEINE "NOUVELLE VERSION" DARSTELLT.
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