Beide sind im Besitz der Courtesy Galerie Michael Werner, Köln und New York.
"Ein Markus Lüpertz war in den 80-ern weitaus teurer als ein Gerhard Richter. Heute aber ist der Richter Teil der Kunstgeschichte und der wahrscheinlich bestbezahlte lebende Maler, während es schwierig ist, einen Lüpertz überhaupt zu verkaufen. Aber dass ein Neo Rauch mit seinen jungen Jahren heute zweimal so viel verdient wie ein Lüpertz - und da mag man nun ein Lüpertz-Fan sein oder nicht - ist wahrscheinlich weder richtig noch fair...", meinte Gerard A. Goodrow, Leiter der Art Cologne, während der Viennafair-Kunstmesse 2005.
So viel zum Marktwert des Malerfürsten Markus Lüpertz (geb. am 25.4. 1941 in Böhmen), der erst mit seiner Mozart-Skulptur Salzburg schockierte und jetzt mit einer Auswahl seines Lebenswerks im Wiener BA-CA-Kunstforum zu sehen ist. Bekannt ist auch, dass die Kunstsammler Essl, zumindest früher einmal, eifrige Lüpertz-Käufer waren - summa-summarum kann daher konstatiert werden: Österreich mag den Lüpertz doch sehr ...
Lüpertz: liest Nazi-Mützen figurativ-abstrakt
Das Schöne ist, dass man bei gut ausgewählten Lebenswerk-Querschnitten tatsächlich erkennt, was einen Künstler ausmacht: und da finden wir einen sturen, eigenwilligen, uneitlen und daher unbestechlichen, sowie humorvollen und daher liebenswerten Zeitdenker vor. Alles, was Lüpertz im Leben begegnet, findet direkten Niederschlag in seiner Arbeit, was er in seiner Frühzeit (1968) durch folgendes Manifest untermauert: Die Anmut des 20. Jahrhunderts wird durch die von mir erfundene Dithyrambe sichtbar gemacht.
Lüpertz Dithyrambe vereint genau genommen die beiden scheinbar widersprüchlichen Richtungen "figurativ" und "abstrakt" zum "sowohl als auch" bzw. "dazwischen" - was Lüpertz bis heute auf eigentümliche Art beibehält. Gleichzeitig reflektiert bzw. verfremdet er historisch besetzte Symbole wie etwa einen "NS-Stahlhelm". Lüpertz: "Man kann in eine Nazi-Offiziersmütze viel hineinlesen." Formal löst er das, indem er den Helm zweimal "scheinbar ident" malt, und erst bei genauerem Hinsehen erkennt man die Unterschiede.
Lüpertz: (un)logisch wie Lewis Carrolls Alice
Zahlreiche Paraphrasen machte Lüpertz über Gemälde von Nicolas Poussin, Cézanne bis Picasso, schlicht, um ihnen seinen Stil aufzudrücken. Er sieht sich als "abstrakter Maler", ohne sich an irgendwelche formalen Gesetze ("Ismen" der Geschichte) - außer die eigenen selbstverständlich - zu halten.
Besonders charakteristisch ist seine Herangehensweise an den Alice im Wunderland-Stoff: Zwei Skulpuren (1981) von undefinierbarem Äußerem heißen etwa Du weißt nicht viel, versetzte die Herzogin bzw. Nein, das kann ich nicht, versetzte die Raupe. Eine Figur mit einer "Schneckenform" trägt den Titel Weil es eine Grinsekatze ist., eine andere: Ess! Versetzte die Maus ziemlich scharf. - Lewis Carrolls abstrakte Sprach-Logarithmen schlagen sich also formal als abstrakt-verdoppelte Mal-Logarithmen Lüpertzs nieder.
In den späten 80-ern kann eine Titelserie wie Zwischenraumgespenster dann aber massen-wahrnehmungs- bezogen eindeutiger sein.
Und von männlichem Wunschdenken ist wohl Lüpertzs Figur "Daphne" geprägt: floh jene laut griechischer Mythologie vor dem liebestollen Apoll unter einen Baum, so bekommt sie von Lüpertz einen vor Scham erröteten Kopf verpaßt (als hätte sie im Grunde also doch wahnsinnige Lust auf den Mann gehabt!).
Mozart: mit Busen und steifem Penishaar
Und sieht man dann die Salzburger Mozartfigur schließlich live, erscheint sie weit durchdachter als zuvor noch aus den Medien angenommen: das beweisen die vielen, zeichnerisch gekonnten Skizzen, über die Lüpertz zu seinem Zwitter-Fabelwesen "Mozart" fand, was genau genommen heißt: Mozarts Haarpracht hat die Form eines erigierten Penis; seine Nase, Hüfte und Brust jene einer Frau.... (r.r.)
DAS URTEIL ALLES IN ALLEM EIN URIGER KERL DIESER LÜPERTZ: DAS ZEIGT DIE LIEBEVOLLE WERKAUSWAHL.
Ausstellung: Markus Lüpertz * Kuratiert von Ingried Brugger, Florian Steininger * 6.9.-5.11.2006 * Ort: BA-CA Kunstforum Wien * täglich 10-19h, Freitag bis 21h
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