Jon Regen mit seinen aus Großbritannien importierten Sidemen an Baß und Schlagzeug: gefühls- und energiegeladen bestritten sie ihr Blues´n´Jazz-Konzert im Wiener Birdland, Fotos © Elfi Oberhuber
BIRDLAND MIT DER NEW YORKER ENTDECKUNG JON REGEN STIRBT "BILLY JOEL" NICHT AUS. BEI SEINEM LIVE-KONZERT IN WIEN BEWIES DER ENTERTAINER AUSSERDEM, DASS ER EIN GROSSER JAZZ-PIANIST UND "THE POLICE" - INTERPRET IST. UND SEIN CHARME IST GERADEZU STÜRMISCH
Mit geballter Ladung Präsenz sitzt er hinter seinem Klavier. Bevor er sich wie nebenbei, aber zielsicher "seinen" Tasten widmet, schmettert er einen handfesten Witz von sich. Doch nichts ist bei diesem Mann aufgesetzt, alles strömt als natürliche Energie und Leidenschaft aus ihm heraus. Selbst seine anspruchsvollen Jazz-Soli, die er als Zwischenspiel in seine Blues-Songs einbaut, sind Klangerlebnisse, die mehr aus dem Körper, als aus dem Geist fließen, während er leicht und unsentimental von seinen innersten Sehnsüchten und Gedanken singt. Jon Regen ist schlicht und ergreifend ein Schatz, ein Hitzefeuer an genußsüchtigen Sinnesfreuden.
Diesen Eindruck hinterließ die neueste Entdeckung aus New York mit seinem "The Jon Regen Trio" (Klavier + Gesang: Jon Regen, Bass: PJ Phillips aus GB sprang kurzfristig für Jonathan Sanborn ein, Paul John Miller am Schlagzeug für Eric Addeo) Samstag abend, während seines Konzerts im Wiener Birdland, wo es im Rahmen der Almost Home - Großbritannien - Wien - Italien - Tour stationierte. Doch spielte Regen nicht nur Songs seines bisher größten Einspielerfolgs, sondern auch Neues, das Anfang April 2007 auf seiner Let It Go-CD zu hören sein wird. Dem ihm - trotz interessanterer, da herberer, Stimme - anhaftenden "Billy Joel"-Vergleich wird er darin in Lied-Arrangement und Melodiebau wieder gerecht. Der augenscheinliche Bezug besteht aber eher nur live, wie während des Solo- bzw. Trio-Auftritts zu hören war. Denn die neue CD soll "popiger" nach "The Police" und "Sting" klingen, da sie mit zusätzlichen Instrumenten, Musikern und Stimmen (Ex-The Police-Elektrogitarrist Andy Summers (!), den Sängerinnen Martha Wainwright / Kami Thompson, Schlagzeuger Matt Johnson, Cellistin Julia Kent und Gitarrist Jimmy Vivino) sowie von Produzent Brad Albetta aufgenommen wird, zu dessen Schützlingen Martha Wainwright, Teddy Thompson und der derzeitige Senkrechtstarter Sean Lennon gehören.
Jon Regen birgt allerdings noch viel mehr Facetten in sich. Und das macht ihn so hinreißend: Schon die Zusammenarbeit als Sideman von Jazz-Sängerikone Jimmy Scott und -Bassist Kyle Eastwood läßt erahnen, wieviel technisches Piano-Virtuosentum in ihm stecken mag. Bestätigt wird das in seiner CD Tel Aviv, die der 36-jährige Steinway-Artist-Titelträger 2001 aufgenommen hat.
Jon Regens Liebesodyssee
In einer Zeit exzessiven Tourens 2002/03 fielen Regen die schönsten Liebeslieder ein , die er in einsamen Stunden an seine damalige Freundin (und spätere Ehefrau?) richtete. Jede andere Frau, die sie hört, wünschte, er (= ein Mann) würde ihr Solches sagen: "Hotelbars und Limousinen sind nett, doch ich würde lieber meine Tage mit dir verbringen, als Cocktails mit Fremden zu trinken. Die Weckrufe am frühen Morgen klingen nicht nach dir und riechen nicht wie du. Alles sagt mir, wie weit du von mir entfernt bist.... Ich möchte, dass du weißt, dass ich dich vermisse, den Geschmack deiner Lippen, die Berührung deiner Fingerspitzen. Wenn du dein Herz offen hältst, verspreche ich, dass ich bei dir bleiben werde." - Dieser Titel Hold-Out Your Heart ist das Eröffnungslied seines Konzerts, worauf später noch rhythmisch beschwingt bis getragen sehnsuchtsvoll Better Than Before, A Hundred Days und I Will Be Here folgen, Gedanken, worin er seine eigene Besserwerdung dank "ihr", sein inneres Ankommen zu "ihr" bekennt, wo er aber auch von der Angst spricht, dass "sie" ihn vielleicht gar nicht mehr wollen könnte. Dass diese Hingabe ihn aber zuvor einen Selbstfindungsprozeß in harter Arbeit durchmachen lassen hat, gibt er 2000 mit der CD Tel Aviv zu, wo er im Song Get Out Of Town meinte: "Verschwinde, du berührst mich zu sehr, also verlasse die Stadt!"
Nach seiner Scheidung befinden sich seine Triebe heute wieder auf rastloser Odyssee: Er beklagt sich während des Konzerts vor einem rockigen Jazz-Klavier-Solo, dass ihn eine Frau wegen eines viel weniger Attraktiven verlassen habe. In The Last Song macht er entgültig Schluß mit "ihr ", doch ist er in It´s All Right By Me auch damit zufrieden, wenn er "sie nur heute Nacht halten kann". Den Titel I Fell in Love With A Lesbian hat er schließlich zu Let It Go umbenannt, wie er larmoyant in der Einleitung erklärt, weil man so einen Titel einfach nicht behalten könne. "Aber das nächste Mal soll so eine doch bitte vor den vielen Abendessen sagen, dass sie lesbisch ist!", fügt er im Nachsatz hinzu... und haut mit Freude in seine Tasten, sodass es eine wahre Freude ist! - Diese traurige Heiterkeit ist die generelle Symbiose aus Texten, Spiel und Performance dieses - wie es scheint - typischen Stier-Geborenen. Wobei die Texte in virtuosen Wendungen auch sprachliche Qualität besitzen.
Von der Selbstreflexion zu "The Police"
In der CD Almost Home bezogen sich die Reflexionen des Jon Regen in erzählerisch poetischer Weise wie in What Am I Supposed To Do From Here auf Entscheidungen, die auch von späterem Standpunkt aus betrachtet noch die Richtigen sind, bzw. in Little One auf liebevolle Ratschläge an ein Kind, sich in Ruhe mit einem Schritt vor dem nächsten zufrieden zu geben, denn die schnelle Welt sei verrückt. Und auf der CD Let It Go denkt er auch politisch: in Better Days ist er "reif für bessere Tage", in Don´t Stop To Believe ruft er dazu auf, "nicht aufzuhören zu glauben", und in I Come Undone widmet er sich einer verstorbenen Freundin.
Scheint Let It Go als CD auch im Klang teilweise nach "The Police" zu klingen, so hat Regen im Live-Programm zwei echte "The Police"-Nummern, die er auf sehr interessante Weise und hochwertig verjazzt. Lediglich die Textzeile How Fragile We Are läßt noch eindeutig das Original erkennen. Mehr von diesem "echten" Jazz würde die Musik insgesamt noch ein bißchen mehr aufwerten - sofern das überhaupt möglich ist. e.o.
Mit geballter Ladung Präsenz sitzt er hinter seinem Klavier. Bevor er sich wie nebenbei, aber zielsicher "seinen" Tasten widmet, schmettert er einen handfesten Witz von sich. Doch nichts ist bei diesem Mann aufgesetzt, alles strömt als natürliche Energie und Leidenschaft aus ihm heraus. Selbst seine anspruchsvollen Jazz-Soli, die er als Zwischenspiel in seine Blues-Songs einbaut, sind Klangerlebnisse, die mehr aus dem Körper, als aus dem Geist fließen, während er leicht und unsentimental von seinen innersten Sehnsüchten und Gedanken singt. Jon Regen ist schlicht und ergreifend ein Schatz, ein Hitzefeuer an genußsüchtigen Sinnesfreuden.
Diesen Eindruck hinterließ die neueste Entdeckung aus New York mit seinem "The Jon Regen Trio" (Klavier + Gesang: Jon Regen, Bass: PJ Phillips aus GB sprang kurzfristig für Jonathan Sanborn ein, Paul John Miller am Schlagzeug für Eric Addeo) Samstag abend, während seines Konzerts im Wiener Birdland, wo es im Rahmen der Almost Home - Großbritannien - Wien - Italien - Tour stationierte. Doch spielte Regen nicht nur Songs seines bisher größten Einspielerfolgs, sondern auch Neues, das Anfang April 2007 auf seiner Let It Go-CD zu hören sein wird. Dem ihm - trotz interessanterer, da herberer, Stimme - anhaftenden "Billy Joel"-Vergleich wird er darin in Lied-Arrangement und Melodiebau wieder gerecht. Der augenscheinliche Bezug besteht aber eher nur live, wie während des Solo- bzw. Trio-Auftritts zu hören war. Denn die neue CD soll "popiger" nach "The Police" und "Sting" klingen, da sie mit zusätzlichen Instrumenten, Musikern und Stimmen (Ex-The Police-Elektrogitarrist Andy Summers (!), den Sängerinnen Martha Wainwright / Kami Thompson, Schlagzeuger Matt Johnson, Cellistin Julia Kent und Gitarrist Jimmy Vivino) sowie von Produzent Brad Albetta aufgenommen wird, zu dessen Schützlingen Martha Wainwright, Teddy Thompson und der derzeitige Senkrechtstarter Sean Lennon gehören.
Jon Regen birgt allerdings noch viel mehr Facetten in sich. Und das macht ihn so hinreißend: Schon die Zusammenarbeit als Sideman von Jazz-Sängerikone Jimmy Scott und -Bassist Kyle Eastwood läßt erahnen, wieviel technisches Piano-Virtuosentum in ihm stecken mag. Bestätigt wird das in seiner CD Tel Aviv, die der 36-jährige Steinway-Artist-Titelträger 2001 aufgenommen hat.
Jon Regens Liebesodyssee
In einer Zeit exzessiven Tourens 2002/03 fielen Regen die schönsten Liebeslieder ein , die er in einsamen Stunden an seine damalige Freundin (und spätere Ehefrau?) richtete. Jede andere Frau, die sie hört, wünschte, er (= ein Mann) würde ihr Solches sagen: "Hotelbars und Limousinen sind nett, doch ich würde lieber meine Tage mit dir verbringen, als Cocktails mit Fremden zu trinken. Die Weckrufe am frühen Morgen klingen nicht nach dir und riechen nicht wie du. Alles sagt mir, wie weit du von mir entfernt bist.... Ich möchte, dass du weißt, dass ich dich vermisse, den Geschmack deiner Lippen, die Berührung deiner Fingerspitzen. Wenn du dein Herz offen hältst, verspreche ich, dass ich bei dir bleiben werde." - Dieser Titel Hold-Out Your Heart ist das Eröffnungslied seines Konzerts, worauf später noch rhythmisch beschwingt bis getragen sehnsuchtsvoll Better Than Before, A Hundred Days und I Will Be Here folgen, Gedanken, worin er seine eigene Besserwerdung dank "ihr", sein inneres Ankommen zu "ihr" bekennt, wo er aber auch von der Angst spricht, dass "sie" ihn vielleicht gar nicht mehr wollen könnte. Dass diese Hingabe ihn aber zuvor einen Selbstfindungsprozeß in harter Arbeit durchmachen lassen hat, gibt er 2000 mit der CD Tel Aviv zu, wo er im Song Get Out Of Town meinte: "Verschwinde, du berührst mich zu sehr, also verlasse die Stadt!"
Nach seiner Scheidung befinden sich seine Triebe heute wieder auf rastloser Odyssee: Er beklagt sich während des Konzerts vor einem rockigen Jazz-Klavier-Solo, dass ihn eine Frau wegen eines viel weniger Attraktiven verlassen habe. In The Last Song macht er entgültig Schluß mit "ihr ", doch ist er in It´s All Right By Me auch damit zufrieden, wenn er "sie nur heute Nacht halten kann". Den Titel I Fell in Love With A Lesbian hat er schließlich zu Let It Go umbenannt, wie er larmoyant in der Einleitung erklärt, weil man so einen Titel einfach nicht behalten könne. "Aber das nächste Mal soll so eine doch bitte vor den vielen Abendessen sagen, dass sie lesbisch ist!", fügt er im Nachsatz hinzu... und haut mit Freude in seine Tasten, sodass es eine wahre Freude ist! - Diese traurige Heiterkeit ist die generelle Symbiose aus Texten, Spiel und Performance dieses - wie es scheint - typischen Stier-Geborenen. Wobei die Texte in virtuosen Wendungen auch sprachliche Qualität besitzen.
Von der Selbstreflexion zu "The Police"
In der CD Almost Home bezogen sich die Reflexionen des Jon Regen in erzählerisch poetischer Weise wie in What Am I Supposed To Do From Here auf Entscheidungen, die auch von späterem Standpunkt aus betrachtet noch die Richtigen sind, bzw. in Little One auf liebevolle Ratschläge an ein Kind, sich in Ruhe mit einem Schritt vor dem nächsten zufrieden zu geben, denn die schnelle Welt sei verrückt. Und auf der CD Let It Go denkt er auch politisch: in Better Days ist er "reif für bessere Tage", in Don´t Stop To Believe ruft er dazu auf, "nicht aufzuhören zu glauben", und in I Come Undone widmet er sich einer verstorbenen Freundin.
Scheint Let It Go als CD auch im Klang teilweise nach "The Police" zu klingen, so hat Regen im Live-Programm zwei echte "The Police"-Nummern, die er auf sehr interessante Weise und hochwertig verjazzt. Lediglich die Textzeile How Fragile We Are läßt noch eindeutig das Original erkennen. Mehr von diesem "echten" Jazz würde die Musik insgesamt noch ein bißchen mehr aufwerten - sofern das überhaupt möglich ist. e.o.
DAS URTEIL JON REGEN IST ALS ENTERTAINER EIN FREUDIGES ENERGIEBÜNDEL, ALS TEXTER EIN SENSIBLER GEFÜHLSMENSCH UND ALS JAZZ-PIANIST EIN GROSSER VIRTUOSE. EINE INTERESSANTE MISCHUNG ALSO, DIE SICH HOFFENTLICH NICHT ZU SEHR IN RICHTUNG POP ENTWICKELT, WIE ZULETZT ETWA JAMIE CULLUM. LIVE WAR DAVON GLÜCKLICHERWEISE NICHTS ZU MERKEN. SPRÜHEND!
Auf intimacy: art (www.intimacy-art.com) in artists / talks / visions spricht Jon Regen im O-Ton über seine tatsächliche Einstellung zu Musik und Liebe!
CDs: Tel Aviv 2001 * Almost Home 2004 * Let It Go: erscheint Anfang April 2007 * link: www.jonregen.com
Auf intimacy: art (www.intimacy-art.com) in artists / talks / visions spricht Jon Regen im O-Ton über seine tatsächliche Einstellung zu Musik und Liebe!
CDs: Tel Aviv 2001 * Almost Home 2004 * Let It Go: erscheint Anfang April 2007 * link: www.jonregen.com
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