... Duo und Individualtanz - und hat Sexappeal, da Effekt bei angekränkelt a-typischen Haltungen und Bewegungen. Fotos © Batsheva Dance
TANZQUARTIER DIE ISRAELISCHE BATSHEVA DANCE COMPANY VON OHAD NAHARIN BRINGT MIT MAX EFFEKT IN DEN ABSTRAKTEN TANZ - UND GEFÄLLT
Das ist schon komisch: da muß erst ein Choreograf mit seiner von Martha Graham und Baronesse Batsheva De Rothschild gegründeten Company aus Israel kommen, damit zeitgenössischer Tanz mit dem gewissen Etwas, nämlich "Effekt", unter Österreichs Tanzkritikern zur Gänze gelobt wird. Vielleicht liegt es auch daran, dass dieser Tanz im Tanzquartier (Halle G) gezeigt wurde und nicht etwa in der Volksoper, sodass er für jenen Ort genau das richtige Maß an "Linie" hatte, die man ansonsten dort schmerzlich vermißt. Fakt ist aber auch, dass wir mit Giorgio Madia als Choreograf, vor allem in Nudo schon sehr viel von dem in Wien hatten, was jetzt so begeistert bei Ohad Naharins Batsheva Dance Company von den Wienern angenommen wurde. D.h., was unter der Kategorie "Ballett" von 2003 - 2005 vom Volksopernballett unter Madia erfolgreich lief, läuft jetzt auch unter der Kategorie "zeitgenössischer Tanz", nur eben von manchem Kritiker anders beurteilt, da jener an-sich zu sehr vom Kategoriendenken gesteuert ist.
So weit ist ein Naharin nicht von einem Madia entfernt
Natürlich war Max von Batsheva - gemäß der zeitgenössischen Tanz-Kategorie, in der es stattfindet - noch abstrakter und radikaler als damals Nudo innerhalb der Kategorie Ballett. Doch hat beides unterm Strich in sich dasselbe qualitative Niveau bezüglich des Ausscherens vom Gewöhnlichen innerhalb seiner Kategorie. - Aber auch im eigenen Anspruch bezüglich einer gewissen, wenn auch noch einmal sehr persönlich gefärbten Bewegungsästhetik und Harmonie, wobei sowohl Naharin, als auch Madia Studien- bzw. Tanzjahre bei Béjart und in den USA verbrachten. Da aber jeder Choreograf weiß, dass er ein Projekt "auch" für eine bestimmt-ausgerichtete Auftragsstätte kreiert, bekommt das Werk und die Tanzlinie dann die unterschiedlichen Nuancen. Und doch muß man sagen: wir waren eigentlich schon auf dem Weg, genauso eine eigene (international erfolgreiche), schillernd-abstrakte österreichische Company zu haben. - Aber, was soll´s, diese Debatten sind vorbei. Jetzt waren die Israelis da, und haben uns (endlich wieder einmal) gezeigt, wie aufregend-guter Tanz sein kann. Das fängt mit den athletischen Körpern der Tänzer an, die in ihrer kräftig-gesunden Vitalität eine eigene Wirkung ausstrahlen (wie übrigens auch schon die Körper bei Madia, der andererseits auch entgegengesetzt auffällige, doch in-sich-geschlossen-harmonische bzw. erformte Körpertypen hegte). Dass diese Körper in der Lage sind, außergewöhnliche Körperarbeit zu leisten, liegt auf der Hand. Denn jeder Körper zeigt exakt das, was man ihm ansieht; es läßt sich im Tanz nichts verbergen.
Israelische Körperkunst mit Effekt
Diese Körper stehen zu Beginn in kurzen Sporttricots mit dem Rücken zum Publikum. Dass sie vom Zuschauer als israelische "Körper" wahrgenommen werden, liegt nicht etwa am - in Israel allseits präsenten - Krieg, der jeden Menschenkörper durch mehrjähriges Pflichttraining generell widerstandsfähig macht, sondern am Beifügen einer eigens lokalgefärbten Musik samt Sprechgesang mit hebräischem Text - komponiert und vorgetragen vom Meister himself - von Ohad Naharin unter dem Pseudonym Maxim Waratt. Unklar ist dem Zuschauer bis zuletzt, ob hier nun auf die Geschichte Israels bzw. der Juden angespielt wird oder nicht, denn man sieht immer wieder eine sich formierende, lautstarke "Klagemauer" aus Tänzern, die auch an einen rituellen Buschtanz erinnern könnte, man hört und sieht Wiederholungen des prinzipiellen Zählens, wo jeweils auf Vorigem um eine fortlaufend neue "Nummer" aufgebaut wird; und man sieht den wiederkehrenden Kampf des Einzelnen als ruckhaften Ausbruch aus der Gruppe, aus dem Paar und dessen erneutes Einfügen zum perfekten Unisono(-Duett), einschließlich einer angedeuteten, einmaligen Kopulationsszene zwischen Mann und Frau. Das ist eine getanzte Philosophie zwischen Sollen und Wollen, zwischen Muß und Können, zwischen Regel, Ritual, Religion und Trieb, aus den ursprünglichen Kapazitäten des Körpers heraus, selbst wenn diese der bereits (einschlägig) ausgebildete Mensch erst entdecken muss.
Es geht also um prinzipielle Bausteine, die anwachsen zu einem Gerüst, um motorische Techniken, die zur funktionierenden Maschine werden. Das wäre nichts Außergewöhnliches, würde es letztendlich nicht (bekannt) harmonisch schön wirken und gleichzeitig neuartig abstrakt sein. Sowohl die Musik, als auch der Tanz verwenden dabei (fast banal) Bekanntes, vermischt mit (häßlich) Unbekanntem: der durch das Hebräische folkloristische Ton mit tief singender Männerstimme wird mit Natur-Motorengeräuschen und Flüstern verfremdet, Basisübungen wie die Grundschritte zur Balancehaltung im Ballett werden verbogen und wirken "angekränkelt". Doch bei alledem stimmt letztendlich die arrangierte Abfolge von Einzeltanz zum anwachsenden Gruppenbild im grafisch eingerichteten Raum. - Deshalb stimmt hier der Effekt: weil er genau jenes Tempo bedient, wie der heutige, neugierige Mensch visuelle und akustische Geschwindigkeit als unterhaltsam (und auch komisch!) empfindet. - Das ist zeitgenössischer Tanz, wie man sich´s gefallen lassen will. Und wie er erstmals im Tanzquartier zu sehen war! e.o.
Das ist schon komisch: da muß erst ein Choreograf mit seiner von Martha Graham und Baronesse Batsheva De Rothschild gegründeten Company aus Israel kommen, damit zeitgenössischer Tanz mit dem gewissen Etwas, nämlich "Effekt", unter Österreichs Tanzkritikern zur Gänze gelobt wird. Vielleicht liegt es auch daran, dass dieser Tanz im Tanzquartier (Halle G) gezeigt wurde und nicht etwa in der Volksoper, sodass er für jenen Ort genau das richtige Maß an "Linie" hatte, die man ansonsten dort schmerzlich vermißt. Fakt ist aber auch, dass wir mit Giorgio Madia als Choreograf, vor allem in Nudo schon sehr viel von dem in Wien hatten, was jetzt so begeistert bei Ohad Naharins Batsheva Dance Company von den Wienern angenommen wurde. D.h., was unter der Kategorie "Ballett" von 2003 - 2005 vom Volksopernballett unter Madia erfolgreich lief, läuft jetzt auch unter der Kategorie "zeitgenössischer Tanz", nur eben von manchem Kritiker anders beurteilt, da jener an-sich zu sehr vom Kategoriendenken gesteuert ist.
So weit ist ein Naharin nicht von einem Madia entfernt
Natürlich war Max von Batsheva - gemäß der zeitgenössischen Tanz-Kategorie, in der es stattfindet - noch abstrakter und radikaler als damals Nudo innerhalb der Kategorie Ballett. Doch hat beides unterm Strich in sich dasselbe qualitative Niveau bezüglich des Ausscherens vom Gewöhnlichen innerhalb seiner Kategorie. - Aber auch im eigenen Anspruch bezüglich einer gewissen, wenn auch noch einmal sehr persönlich gefärbten Bewegungsästhetik und Harmonie, wobei sowohl Naharin, als auch Madia Studien- bzw. Tanzjahre bei Béjart und in den USA verbrachten. Da aber jeder Choreograf weiß, dass er ein Projekt "auch" für eine bestimmt-ausgerichtete Auftragsstätte kreiert, bekommt das Werk und die Tanzlinie dann die unterschiedlichen Nuancen. Und doch muß man sagen: wir waren eigentlich schon auf dem Weg, genauso eine eigene (international erfolgreiche), schillernd-abstrakte österreichische Company zu haben. - Aber, was soll´s, diese Debatten sind vorbei. Jetzt waren die Israelis da, und haben uns (endlich wieder einmal) gezeigt, wie aufregend-guter Tanz sein kann. Das fängt mit den athletischen Körpern der Tänzer an, die in ihrer kräftig-gesunden Vitalität eine eigene Wirkung ausstrahlen (wie übrigens auch schon die Körper bei Madia, der andererseits auch entgegengesetzt auffällige, doch in-sich-geschlossen-harmonische bzw. erformte Körpertypen hegte). Dass diese Körper in der Lage sind, außergewöhnliche Körperarbeit zu leisten, liegt auf der Hand. Denn jeder Körper zeigt exakt das, was man ihm ansieht; es läßt sich im Tanz nichts verbergen.
Israelische Körperkunst mit Effekt
Diese Körper stehen zu Beginn in kurzen Sporttricots mit dem Rücken zum Publikum. Dass sie vom Zuschauer als israelische "Körper" wahrgenommen werden, liegt nicht etwa am - in Israel allseits präsenten - Krieg, der jeden Menschenkörper durch mehrjähriges Pflichttraining generell widerstandsfähig macht, sondern am Beifügen einer eigens lokalgefärbten Musik samt Sprechgesang mit hebräischem Text - komponiert und vorgetragen vom Meister himself - von Ohad Naharin unter dem Pseudonym Maxim Waratt. Unklar ist dem Zuschauer bis zuletzt, ob hier nun auf die Geschichte Israels bzw. der Juden angespielt wird oder nicht, denn man sieht immer wieder eine sich formierende, lautstarke "Klagemauer" aus Tänzern, die auch an einen rituellen Buschtanz erinnern könnte, man hört und sieht Wiederholungen des prinzipiellen Zählens, wo jeweils auf Vorigem um eine fortlaufend neue "Nummer" aufgebaut wird; und man sieht den wiederkehrenden Kampf des Einzelnen als ruckhaften Ausbruch aus der Gruppe, aus dem Paar und dessen erneutes Einfügen zum perfekten Unisono(-Duett), einschließlich einer angedeuteten, einmaligen Kopulationsszene zwischen Mann und Frau. Das ist eine getanzte Philosophie zwischen Sollen und Wollen, zwischen Muß und Können, zwischen Regel, Ritual, Religion und Trieb, aus den ursprünglichen Kapazitäten des Körpers heraus, selbst wenn diese der bereits (einschlägig) ausgebildete Mensch erst entdecken muss.
Es geht also um prinzipielle Bausteine, die anwachsen zu einem Gerüst, um motorische Techniken, die zur funktionierenden Maschine werden. Das wäre nichts Außergewöhnliches, würde es letztendlich nicht (bekannt) harmonisch schön wirken und gleichzeitig neuartig abstrakt sein. Sowohl die Musik, als auch der Tanz verwenden dabei (fast banal) Bekanntes, vermischt mit (häßlich) Unbekanntem: der durch das Hebräische folkloristische Ton mit tief singender Männerstimme wird mit Natur-Motorengeräuschen und Flüstern verfremdet, Basisübungen wie die Grundschritte zur Balancehaltung im Ballett werden verbogen und wirken "angekränkelt". Doch bei alledem stimmt letztendlich die arrangierte Abfolge von Einzeltanz zum anwachsenden Gruppenbild im grafisch eingerichteten Raum. - Deshalb stimmt hier der Effekt: weil er genau jenes Tempo bedient, wie der heutige, neugierige Mensch visuelle und akustische Geschwindigkeit als unterhaltsam (und auch komisch!) empfindet. - Das ist zeitgenössischer Tanz, wie man sich´s gefallen lassen will. Und wie er erstmals im Tanzquartier zu sehen war! e.o.
Video-Links zum Tanz-Vergleich:
Ohad Naharin choreografierte für die Batsheva Dance Company: Seder (Stichworte: Klagemauer-Formation und Unisono-Effekt) und Three (Stichworte: sperrige Bewegungen, Isolation des Einzelnen, Unförmigkeit, plötzliche Übereinstimmung der Gruppe oder eines Duos aus Stillstand oder Gruppendurcheinander)
Giorgio Madia chroregrafierte für das Volksopernballett 2003 (siehe popiger Part ab ca. 2,30 min zu Jazz-Sax-Musik: humoristisch motivierte Bewegungen bis zu "schmerzhaft-anmutenden" Boden- und Yogaübungen): Nudo
DAS URTEIL EIGENTLICH HATTEN WIR DAS VOR FÜNF JAHREN SELBST SCHON IN ÖSTERREICH: ABER WENN EINE GRUPPE AUS ISRAEL SOLCHEN TANZ ZEIGT, WIRD ER ERST ANERKANNT! - TYPISCH ÖSTERREICH (WIEN).
TANZ Max * Von: Ohad Naharin * Mit: Batsheva Dance Company (IL) * Ort: Tanzquartier, Halle G/MQ * Zeit: 29.-31.3.2008: 20h30
TANZ Max * Von: Ohad Naharin * Mit: Batsheva Dance Company (IL) * Ort: Tanzquartier, Halle G/MQ * Zeit: 29.-31.3.2008: 20h30
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